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DIE ALPENIM BUCH AUSBLICKE AUF EINE TOPOGRAPfflE IN ...

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úberschrieben und fuhren die Schweiz ais kaschierten Polizeistaat vor, der vor der<br />

Beseitigung unschuldiger, aber das System stõrender Menschen nicht zuriickschreckt. 191<br />

In der Gegenwart des Ich-Erzáhlers spielt der Gotthard insofern eine Rolle, ais er<br />

direkt an der Bahnlinie Gotthard-Chiasso in der GotthardstraBe im Haus Alpenrose<br />

wohnt. Die Alpen kommen fur ihn nur durch die Namen ins Tal. Er selbst kann aufgrund<br />

seiner finanziellen Misère nicht in die Berge fahren. Ein Fabrikarbeiter verdient am Tag<br />

durchschnittlich 50 Franken und mit 50 Franken Kosten fur eine Fahrt auf einen Berg<br />

miisste auch ein Reisender rechnen. (S. 89). In einer Episode begegnet der Ich-Erzâhler<br />

einem Gastarbeiter, der sich fur die Arbeit beim Tunnelbau verdingen lassen will. Der<br />

Ich-Erzâhler mõchte ihn davor warnen, aber der junge Tùrke lacht ihn nur aus.<br />

Ich fiihlte groBes Mitleid mit dem Jungling aus Anatolien und versuchte, inn moralisch<br />

vorzubereiten: Es habe bereits dreizehn Tote gegeben, alies Auslânder, es sei sehr kalt, es gebe<br />

hohe Berge, sagte ich. Wunderbar! Sagte er und ladite unternehmungslustig. Die Mineure<br />

verdienen ein Trinkgeld, leben tief in den Schluchten in Baracken! Der junge Turke ist nicht zu<br />

beeinilussen. Ich denke, er kann hier auf dem erhõhten Bahnhof noch eine Stunde das Leben<br />

genieBen, dann wird er eingesperrt im Felsenmassiv des verfluchten Sankt Gotthard, in tiefem<br />

Stollen, zehn Stunden Tag oder Nacht. (S.72)<br />

Diese Szene macht deutlich, wie sich der auslândische Arbeiter aufgrund fehlender<br />

Kenntnisse an einen Ort begibt, er ihm unter Umstânden das Leben kosten kann. Er trãgt<br />

noch die Hoffhung in sich, dass eine Ortsverãnderung, ein Aufstieg in die Berge, eine<br />

Verbesserung seiner Situation mit sich bringen kann. 192 Diese Hoffhung hat der Ich-<br />

Im Zusammenhang mit dem Opernhauskrawall in Zurich waren auch einige Autoren direkt in<br />

Auseinandersetzungen mit der Polizei verwickelt, u.a. Reto Hanny (Siehe dazu Reto Hanny, Zurich.<br />

Anfcmg September, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1981. Franz Boni berichtet in einem Interview iiber<br />

den Erfahrungshintergrund des Romans Alpen: ,,1970 kam ich in die Stadt Zurich und wurde sofort mit<br />

Ausbeutung und Unterdriickung konfrontiert, was ich zuvor nicht gekannt habe. Ich sah die grofien<br />

Gegensãtze, einerseits die Reichen in den teuren Speiselokalen und andererseits die Stadtstreicher, mit<br />

denen ich mich sofort solidarisch fiihlte. Ich sah die Arbeiter, die in kleinen Zimmern zu Wucherpreisen<br />

leben muBten. Dann war damais auch der Krawall der Jugend um ein autonomes Zentrum. In den<br />

StraBen war Tranengas. In drei Monaten fand ich mich dreimal in einer Polizeikaserne." Apud Pezold,<br />

1991:284<br />

192 In einer fruheren Erzâhlung von Franz Boni Ein Wanderer im Alpenregen (1979) wird von einer<br />

Bergwanderung des Protagonisten erzahlt, der aus seinem Fabrikalltag ausbrechen will. Die Wanderung<br />

hat aber nichts Erhebendes an sich, sondem gerat ihm zu einer unangenehmen Begegnung mit alten<br />

Bauern und einer Nacht im Massenschlafsaal. Auch in dieser Erzahlung wird der Topos vom<br />

befreienden Bergerlebnis demontiert. Boni, 1979<br />

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