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Die neuen Alten - bürgerstiftung lebensraum aachen

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In <strong>Alten</strong>heimen erfolgt die Betreuung der dort wohnenden alten Menschen durch <strong>Alten</strong>pfleger<br />

und <strong>Alten</strong>pflegerinnen, die in ihrer Ausbildung gelernt haben, wie man mit<br />

den alten Menschen umgehen muss. In der Praxis stellt man oft fest, dass die alten<br />

Menschen reglementiert werden. Man behauptet, sie haben keine sexuellen Empfindungen<br />

mehr. Das trifft nicht zu, wenngleich diese sich in anderen Formen des Kontaktes<br />

zeigen. Man spricht bei den alten Menschen vom so genannten Altersstarrsinn,<br />

aber Starrsinn gibt es in jedem Alter. Man macht mit den alten Menschen langweilige<br />

Beschäftigungstherapie, dessen Produkte niemand benötigt und daher sinnlos<br />

sind, weil sie den alten Leuten nicht vermitteln, dass sie noch gebraucht werden.<br />

Es wird ihnen nicht erlaubt, selbst die Initiative zu ergreifen, weil sie zu alt und daher<br />

nicht mehr fähig sind und weil sie nicht die hygienischen Voraussetzungen erfüllen,<br />

in einem <strong>Alten</strong>heim zu arbeiten. <strong>Die</strong> Würde des Menschen, und das gilt besonders<br />

für den alten Menschen, äußerst sich auch durch Anerkennung und Beachtung.<br />

Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der >Frankfurter Allgemeinen Zeitung< schreibt<br />

in seinem Buch „Das Methusalem-Komplott“:<br />

„...man beraubt die Älteren des Selbstbewusstseins und der Lust am Leben.“<br />

<strong>Die</strong>ses falsche Gesellschaftsbild dominiert den Menschen, wenn er in den Ruhestand<br />

kommt. Es wirkt sich auf den alten Menschen aus, so dass er dann selbst davon ü-<br />

berzeugt ist, gegen diesen so genannten Altersabbau nichts machen zu können. Aus<br />

dieser falschen Einstellung zum Alter resultiert auch die Meinung vieler alter Menschen:<br />

Sie wollen älter sein, aber nicht alt!<br />

Es folgt nun eine zweite Ursache für den geistigen Abbau mit zunehmendem Alter,<br />

besonders der Übergang in den Ruhestand. <strong>Die</strong> eigenen Kinder sind erwachsen,<br />

selbständig und vom Elternhaus abgelöst, die eigene Berufstätigkeit ist beendet und<br />

in den <strong>Alten</strong>heimen werden dann dem alten Menschen noch die restliche Verantwortung<br />

und Selbstorganisation des eigenen Lebens von anderen Personen abgenommen.<br />

<strong>Die</strong> Folge ist, dass die körperlichen und geistigen Aktivitäten zurückgehen und<br />

die dafür zuständigen Organe, wie Muskeln und Gehirn wegen Inaktivität verkümmern.<br />

Aber wie kann es aussehen, wenn man weiter aktiv bleiben will? In Aachen-<br />

Burtscheid gibt es einen Tante-Emma-Laden (2007), der von einer 91 Jahre alten<br />

Frau (Else Weigel), noch erfolgreich geführt wird. Sie meint:<br />

„Ich brauche ein bisschen Unterhaltung, damit ich nicht aufhöre zu denken.“<br />

Im Jahr 2004 gewann ein über 80jähriger Mann das >Tor des Monats< im Fernsehen<br />

und der Philosoph Hans-Georg Gadamer, der im Jahr 2002 erst mit 102 Jahren verstarb,<br />

hat noch im Alter von 100 Jahren philosophische Diskussionen geführt und<br />

sich in seinem letzten Buch mit dem Titel >Über den Schmerz< mit dem Schmerz<br />

und seiner Verarbeitung im Alter auseinandersetzt. Nach unserem überkommenen<br />

Weltbild müsste sein Gehirn schon völlig abgebaut sein. „<strong>Die</strong> Bekenntnisse des<br />

Hochstaplers Felix Krull“ von Thomas Mann spielte bis zu seinem Tod (2010) im Aachener<br />

Theater der 87 jährige Schauspieler Heino Cohrs. Der 80-Jährige Schauspieler<br />

und Regisseur Maximilian Schell will noch einen historischen Film drehen und ein<br />

Buch schreiben. Bis ins hohe Alter spielte der Kölner Schauspieler Willi Millowitsch.<br />

Er sagte:<br />

„Ich will auf der Bühne sterben.“<br />

Leider war ihm das nicht vergönnt. Oder der Schlagersänger mit der berühmten<br />

Stimme Willi Schneider sang noch mit 89 Jahren. Ein anderes Beispiel ist der berühmte<br />

französischen Chansonier Charles Aznavour, der 2011 mit 87 Jahren ein<br />

Prof. <strong>Die</strong>ter H. K. Starke<br />

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