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Die neuen Alten - bürgerstiftung lebensraum aachen

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len! Es soll doch Spaß machen! Wenn man eine Wanne vol Vaseline dazu<br />

braucht, kann man auch gleich aufhören damit.“<br />

Selbsthilfegruppen<br />

Während der großen Diskussion um die Gesundheitsreform (2006/2007) engagierten<br />

sich Politiker, Ärzte, pharmazeutische Industrie, Apotheker, Krankenhäuser und Versicherungen.<br />

Aber eine Gruppe ohne Lobby war in dem Konzert der Gesundheit<br />

nicht zu hören, nämlich die der Laienmedizin in Form der Selbsthilfegruppen. <strong>Die</strong>se<br />

stellen die Spontaneität und Improvisationsfähigkeit der Bürger unter Beweis. In vielen<br />

Städten gibt es zu den vielfältigen Problemen der körperlichen und seelischen<br />

Gesundheit zahlreiche Selbsthilfegruppen, wie Diabetiker-Gruppen, Frauenhilfe nach<br />

Krebs, die Anonymen Alkoholiker, die Rheuma-Liga – die größte Selbsthilfegruppe<br />

Deutschlands –, Multiple-Sklerose-Gruppen, Tinnitus-Gruppen, Blasenkrebs, Prostata-Krebs<br />

aber auch Gruppen für Arbeitslose, Alleinerziehende und Alte, Selbsthilfe<br />

für Verletzte und Traumatisierte bei der Loveparade in Duisburg 2010, für Onlineund<br />

Computerspielsucht, verlassene Eltern, für Menschen mit Lernschwierigkeiten so<br />

genannte „Mensch-zuerst“-Gruppe usw. In den größeren Selbsthilfegruppen arbeiten<br />

Professionelle und Ehrenamtler zusammen. Man rechnet heute (2010) in Deutschland<br />

mit einer Zahl von über 50 000 Selbsthilfegruppen. Selbsthilfegruppen sind daher<br />

heilsam und hilfreich, weil die Betroffenen nicht mehr allein sind in ihrer Not, sondern<br />

Menschen haben, denen es genauso geht und sie sich gegenseitig stärken<br />

können.<br />

Selbsthilfegruppen haben sich schon immer dort gebildet, wo gemeinsame Not rasche<br />

Hilfe erfordert hat, wobei die Prinzipien von Solidarität und Rivalität (den Ärzten<br />

gegenüber) ebenso maßgeblich werden konnten wie das Prinzip der Subsidiarität.<br />

Das Erfolgsgeheimnis von Selbsthilfegruppen ist die Erkenntnis, dass das beste<br />

Hilfsmittel für Menschen mit schweren Problemen der Kontakt zu Menschen mit denselben<br />

Problemen ist. Erklärt wird dies durch das aktivierte limbische System im Gehirn<br />

des Menschen.<br />

Schon die antike griechische Medizin (Hippokrates) kannte die beiden Säulen: ärztliche<br />

Versorgung und laienmedizinische Betreuung. <strong>Die</strong> unmittelbaren Vorläufer unserer<br />

gegenwärtigen Organisationen des Gesundheitswesens waren die mittelalterlichen<br />

Selbsthilfegruppen und Bruderschaften. Sie bildeten neben der ärztlichen Medizin<br />

den Doppelcharakter des damaligen Gesundheitswesens: der medizinische<br />

<strong>Die</strong>nst und die Medizin der Laien in Form von Selbsthilfegruppen. In heutiger Zeit<br />

sind es vor allem die immer stärker dominierenden chronischen Krankheiten, wie Diabetes,<br />

Herz- und Kreislauferkrankungen, Krebs, Altersdemenz u. a., die das Laiensystem<br />

aktivieren.<br />

<strong>Die</strong> Laienmedizin in Form von Selbsthilfegruppen spielt in der medizinischen Gesamtversorgung<br />

die Rolle der Prävention, wie Rehabilitation, der psychosozialen Hilfen<br />

und bei der Bekämpfung der Zivilisationskrankheiten. <strong>Die</strong> Selbsthilfegruppen entstehen<br />

immer dort, wo das professionalisierte medizinische Versorgungssystem Lücken<br />

gelassen hat. Sie entstehen meist durch Eigeninitiative der Betroffenen oder<br />

deren Angehörigen (Demenz). Sie basieren auf dem Prinzip der gleichberechtigten<br />

Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe. Sie sind beteiligt am Gleichgewicht zwischen<br />

Gesundheitserhaltung und Krankheitsbewältigung. <strong>Die</strong> ohne Lobby arbeitenden<br />

Selbsthilfegruppen bedürfen unserer besonderen Aufmerksamkeit und Unterstützung.<br />

Prof. <strong>Die</strong>ter H. K. Starke<br />

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