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Die neuen Alten - bürgerstiftung lebensraum aachen

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In den Niederlanden hat sich seit zwanzig Jahren die Aufgabe der Ärzte verändert. In<br />

Deutschland ist bis heute der deutsche Arzt nur kurativ, das heißt heilend, tätig. In<br />

den Niederlanden sind die Ärzte zusätzlich palliatv tätig. Das heißt, sie sorgen sich<br />

auch um Menschen, die bei unerträglichem Leiden, wenn keine Aussicht auf Genesung<br />

besteht, eine Sterbehilfe auszuführen, was als eine palliative Sorge anzusehen<br />

ist. Grundsätzlich versteht man unter >palliativ< die Beschwerden einer Krankheit<br />

lindern, aber nicht die Ursachen bekämpfen, weil das vielleicht nicht mehr möglich<br />

ist. Dazu gehört auch eine Sterbehilfe. <strong>Die</strong> niederländischen Hausärzte sind darauf<br />

spezialisiert, sich um den sozialen Verband, also die Familie, intensiver zu kümmern<br />

und ebenfalls um die palliative Sorge.<br />

<strong>Die</strong> Niederländische Vereinigung für ein freiwilliges Lebensende (NVVE) in Amsterdam<br />

hat sechs Teams eingerichtet (2012), die zu dem Patienten nach Hause kommen<br />

und ihm auf Wunsch beim Sterben zu helfen. Dem Todkranken ohne Hoffnung<br />

geben sie eine Spritze, die den Patienten in einen tiefen Schlaf versetzt. Dann folgt<br />

eine zweite Spritze, die die Atmung und den Herzschlag stoppt. <strong>Die</strong>se mobilen<br />

Teams können per Telefon oder Internet angefordert werden und sind jederzeit<br />

einsatzbereit. In den Niederlanden wird dies als eine wachsende Zustimmung für eine<br />

aktive Sterbehilfe angesehen.<br />

Nach der Statistik sind pro Jahr ca. 140 000 Niederländer in den Krankenhäusern<br />

gestorben (2005). Davon starben ca. 4500 durch die Todesspritze eines Arztes infolge<br />

der Anwendung des <strong>neuen</strong> Gesetzes der „aktiven Sterbehilfe“. <strong>Die</strong>se Zahl blieb<br />

von Jahr zu Jahr etwa konstant und stieg nach der <strong>neuen</strong> Gesetzgebung (2009) nicht<br />

an, wie man vielleicht erwarten konnte. Seit dem Jahre 2011 gibt es in den Niederlanden<br />

in Amsterdam eine Freitodklinik, aufgebaut durch die „Niederländische Vereinigung<br />

für ein freiwilliges Lebensende (NVVE)“. Sie ist für solche Menschen gedacht,<br />

die zur Selbsttötung entschlossen sind, aber bislang keinen Arzt finden konnten, der<br />

sie dabei unterstützt.<br />

<strong>Die</strong> Gründe für die niederländische Sterbehilfe liegen darin, dass die Holländer als<br />

außerordentlich mündig gelten und Mitreden wollen. Sie legen viel Wert auf Ehrlichkeit<br />

und Transparenz.<br />

In Belgien ist ein ähnliches Gesetz der „aktiven Sterbehilfe“ verabschiedet worden.<br />

In ihm wird die „aktive Sterbehilfe“ als Euthanasie (im altgriechischen Sinne nicht vergleichbar<br />

der Nazi-Euthanasie) – was zum Beispiel in Deutschland kaum möglich<br />

wäre - bezeichnet. Der Begründer des so genannten „Belgischen Modells“ ist der<br />

Onkologe Prof. Dr. Jan Bernheim, bei dem die Palliativpflege und die aktive Sterbehilfe<br />

zusammen gehören.<br />

Gleichfalls gibt es ein solches Gesetz der „aktiven Sterbehilfe“ in Luxemburg. Auch<br />

hier haben sich etwa 80% der Luxemburger für eine „aktive Sterbehilfe“ ausgesprochen.<br />

<strong>Die</strong> französische Ärztekammer hat sich 2013 für aktive Sterbehilfe ausgesprochen.<br />

Wenn ein Patient aufgrund einer unheilbaren Krankheit oder wegen unerträglicher<br />

körperlicher oder seelischer Schmerzen seinen Hausarzt mehrfach auffordert, sein<br />

Leben abzukürzen, sollte dieser berechtigt sein, aus humanitären Gründen seinen<br />

Wunsch mit starken Schlafmitteln zu erfüllen. Andererseits sollten Ärzte sich aber<br />

immer weigern dürfen, diesen Schritt zu machen. 2013 soll ein neuer Gesetzesentwurf<br />

vorgelegt werden.<br />

Prof. <strong>Die</strong>ter H. K. Starke<br />

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