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Aspekte der stoischen Ethik in Senecas Bild von Athleten und ...

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Seneca befasst sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en moralischen Briefen <strong>und</strong><br />

philosophischen Traktaten ausführlich mit <strong>der</strong> Todesangst<br />

<strong>und</strong> macht se<strong>in</strong>e Auffassung des Todesphänomens<br />

<strong>von</strong> se<strong>in</strong>er momentanen emotionalen Stimmung abhän-<br />

gig. 282<br />

Die Angst bzw. Todesangst ist e<strong>in</strong> existenzielles Phänomen<br />

menschlichen Dase<strong>in</strong>s – nullum animal ad vitam<br />

prodit s<strong>in</strong>e metu mortis 283 – <strong>und</strong> resultiert aus dem<br />

Selbsterhaltungstrieb des Menschen (cura sui). 284<br />

Seneca erteilt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en moralischen Briefen se<strong>in</strong>em<br />

Fre<strong>und</strong> Lucilius praktische H<strong>in</strong>weise, wie er diesen<br />

Affekt bekämpfen soll. Der Prozess <strong>der</strong> Bewältigung<br />

<strong>der</strong> Todesfurcht vollzieht sich dabei <strong>in</strong> drei Stufen.<br />

Seneca ermahnt Lucilius <strong>in</strong> ständiger Paränese an den<br />

Tod zu denken – meditare mortem –, ihn zu verachten –<br />

contemne mortem – <strong>und</strong> das Sterben zu lernen – disce<br />

mori. 285 Die Lebensethik <strong>Senecas</strong> wird zur Sterbensethik.<br />

286 <strong>Senecas</strong> For<strong>der</strong>ung gipfelt <strong>in</strong> dem <strong>stoischen</strong><br />

Paradoxon – tota vita discendum est mori. 287<br />

282 Zur E<strong>in</strong>stellung <strong>Senecas</strong> zum Tod <strong>und</strong> zum Leben nach dem Tod siehe: Rozelaar, Seneca, S.<br />

116ff; Leeman, Todeserlebnis, S. 323f.; Wacht, Angst, S.507<br />

283 Seneca, Epistulae morales, 121,18<br />

284 Zum Selbsterhaltungstrieb siehe auch Brief 36, 8-10<br />

285 Seneca, Epistulae morales, 2,4; 78,5; 82,16; 91,4; 98,7; 111,5<br />

286 Leeman verweist auf das Paradox, dass das wichtigste Lebensproblem jedes Menschen <strong>der</strong><br />

Tod ist. Es ist e<strong>in</strong> Problem, das se<strong>in</strong>em Wesen nach im metaphysischen S<strong>in</strong>ne unlösbar ist, aber<br />

sich zugleich immer wie<strong>der</strong> unumgänglich aufdr<strong>in</strong>gt. In <strong>der</strong> Kaiserzeit sche<strong>in</strong>t die Präokkupation<br />

fast zur Obsession zu werden. Die ars moriendi wird fast wichtiger als die ars vivendi.<br />

(Leeman, Todeserlebnis, S. 322f)<br />

287 Die Menschen schwanken zwischen Todesverlangen, libido moriendi, <strong>und</strong> Todesangst,<br />

timor mortis (Seneca, Epistulae morales, 4,5). Seneca bedauert den Zustand <strong>der</strong> Menschen, die<br />

we<strong>der</strong> zu leben noch zu sterben verstehen: Seneca, Epistulae morales, 74,11; Seneca, De brevitate<br />

vitae, VII 3: vivere tota vita discendum est et, quod magis fortasse miraberis, tota vita<br />

discendum est mori. Leben muss man das ganze Leben lernen <strong>und</strong>, worüber du mehr vielleicht<br />

dich wun<strong>der</strong>n wirst, das ganze Leben muss man sterben lernen.<br />

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