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Aspekte der stoischen Ethik in Senecas Bild von Athleten und ...

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E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Gattung <strong>der</strong> „Gladiatoren“ waren die<br />

Mittagskämpfer (meridiani), die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mittagspause<br />

ohne Schutzwaffen zur Unterhaltung <strong>der</strong> Zuschauer<br />

umbr<strong>in</strong>gen mussten. Seneca beschreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

Epistulae morales das brutale Gemetzel <strong>und</strong> traurige<br />

Schicksal <strong>der</strong> Mittagskämpfer. 226<br />

Casu <strong>in</strong> meridianum spectaculum <strong>in</strong>cidi lusus expectans<br />

et sales et aliquid laxamenti, quo hom<strong>in</strong>um<br />

oculi ab humano cruore adquiescant: contra<br />

est. Quicquid ante pugnatum est, misericordia<br />

fuit; nunc omissis nugis mera homicidia sunt:<br />

nihil habent quo tegantur. Ad ictum totis corporibus<br />

expositi numquam frustra manum mittunt.<br />

(Seneca, Epistulae morales, 7,3-6)<br />

Zufällig geriet ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Mittagsvorstellung<br />

<strong>in</strong> Erwartung <strong>von</strong> Scherz <strong>und</strong> Witz <strong>und</strong> etwas Entspannung,<br />

wodurch sich Menschenaugen <strong>von</strong> menschlichem<br />

Blutvergießen erholen können. Ganz im<br />

Gegenteil: alle früheren Kämpfe waren Barmherzigkeit;<br />

jetzt verzichtet man auf Possen, <strong>und</strong> es<br />

ist <strong>der</strong> re<strong>in</strong>e Menschenmord. Sie haben nichts, um<br />

sich zu schützen; dem Schlag mit dem ganzen Körper<br />

ausgesetzt, stoßen sie mit <strong>der</strong> Hand niemals<br />

vergeblich zu.<br />

226 Seneca äußert sich an e<strong>in</strong>igen Stellen se<strong>in</strong>er Briefe kritisch gegenüber dem „organisierten<br />

Verbrechen“ <strong>der</strong> Spiele. Seneca, Epistulae morales, 95, 33 sowie 99, 13<br />

Seneca verurteilt <strong>in</strong> Epistel 7, 3-6 das brutale Gemetzel während <strong>der</strong> Mittagspause als „mera<br />

homicidia“. Er verabscheut aber noch mehr die unmenschliche Gleichgültigkeit <strong>der</strong> Zuschauer<br />

<strong>in</strong> Bezug auf das Schicksal <strong>der</strong> Gladiatoren. Tacitus dokumentiert diese Gleichgültigkeit <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>en Historiae, 3, 83 als <strong>in</strong>humana securitas. Terenz hat die fanatische Begeisterung <strong>der</strong><br />

Zuschauer für das Gladiatorenspiel selbst zu spüren bekommen. Terenz, Hecyra, 39-42<br />

Die Gleichgültigkeit des römischen Publikums <strong>in</strong> Bezug auf den Tod <strong>von</strong> Gladiatoren rechtfertigt<br />

Müller mit e<strong>in</strong>er latenten Gewaltbereitschaft e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die <strong>von</strong> Brutalität, Grausamkeit<br />

<strong>und</strong> Militanz geprägt war. Zudem verlangte das Publikum, wenn es schon selbst ke<strong>in</strong>e<br />

virtus demonstrieren konnte, die virtus <strong>der</strong> Gladiatoren. Siehe: Müller, Das Volk <strong>der</strong> <strong>Athleten</strong>,<br />

S. 335<br />

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