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Aspekte der stoischen Ethik in Senecas Bild von Athleten und ...

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Seneca bezeichnet den nach Tugend strebenden proficiens<br />

als ehrenwerten Mann (vir bonus). Dieser bef<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Kriegsdienst (militia) <strong>und</strong> muss<br />

– wie e<strong>in</strong> Gladiator - den schändlichen Gladiatoreneid<br />

(illius turpissimi auctoramenti verba) schwören: sich<br />

brennen, fesseln <strong>und</strong> mit dem Schwert erschlagen zu<br />

lassen (uri, v<strong>in</strong>ciri ferroque necari). 314<br />

Das auctoramentum macht den freien römischen Bürger<br />

zum Sklaven bzw. zum Gladiator. Erst nach zahlreichen<br />

gewonnenen Kämpfen wird er zum exauctoratus <strong>und</strong> erlangt<br />

se<strong>in</strong>e Freiheit. 315<br />

Doch während <strong>der</strong> Gladiator die Qualen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arena<br />

aufgr<strong>und</strong> des Treueschwurs auf sich nehmen muss (<strong>in</strong>viti<br />

patiantur) <strong>und</strong> er e<strong>in</strong>e Begnadigung erwirken kann<br />

(misericordiam populi temptare), stellt <strong>der</strong> Weise<br />

se<strong>in</strong>e Leidensfähigkeit (volens libensque patiaris)<br />

<strong>und</strong> Todesverachtung (recto tibi <strong>in</strong>victoque moriendum<br />

est) freiwillig unter Beweis, <strong>und</strong> er kann nicht mit<br />

e<strong>in</strong>er Begnadigung rechnen (s<strong>in</strong>e missione nascimur). 316<br />

Seneca vergleicht das Leben <strong>der</strong> Menschen mit dem Leben<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gladiatorenkaserne: Non alia quam <strong>in</strong> ludo<br />

gladiatorio vita est cum isdem viventium pugnatiumque.<br />

317 (De ira, Liber II VIII 2)<br />

314<br />

Seneca dokumentiert die Bedeutung des Fahneneides <strong>und</strong> die Leidensfähigkeit des <strong>stoischen</strong><br />

Weisen <strong>in</strong> den Briefen 65 <strong>und</strong> 71. Seneca, Epistulae morales, 65, 18: Velut sacramento<br />

rogatus hoc quod vivit stipendium putat: et ita formatus est, ut illi nec amor vitae nec odium<br />

sit, patiturque mortalia, quamvis sciat ampliora superesse. Wie durch e<strong>in</strong>en Fahneneid geb<strong>und</strong>en,<br />

betrachtet er dieses se<strong>in</strong> Leben als Kriegsdienst: <strong>und</strong> so ist er geartet, dass er we<strong>der</strong> Liebe<br />

zu se<strong>in</strong>em Leben noch Hass darauf empf<strong>in</strong>det <strong>und</strong> das Sterbliche erduldet, weil er weiss, es<br />

gibt darüber h<strong>in</strong>aus Besseres. Siehe auch: Seneca, Epistulae morales, 71,23<br />

315<br />

Die Metapher vom Weisen als Gladiator f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Formul<strong>in</strong>g exauctoratus <strong>in</strong><br />

den moralischen Briefen wie<strong>der</strong>. Der Weise hat den Kampf gegen das Schicksal gewonnen <strong>und</strong><br />

wird mit dem term<strong>in</strong>us technicus des entlassenen Gladiators als exauctoratus bezeichnet. (Seneca,<br />

Epistulae morales, 32,5)<br />

316<br />

Seneca, Epistulae morales, 117,7<br />

317<br />

„Nicht an<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gladiatorenkaserne verläuft das Leben, denn mit denselben Menschen<br />

lebt man <strong>und</strong> kämpft man.“<br />

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