Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer
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<strong>Peer</strong>-<strong>Mediation</strong> <strong>im</strong> <strong>Schulalltag</strong> Modul�Gewalt - Konflikt<br />
Der Begriff „bullying“ 52 wird abgeleitet von „brutaler Mensch“ oder „Tyrann“ (PIKAS 1989) und m<strong>ein</strong>t<br />
unterdrückendes, verletzendes Verhalten anderen gegenüber, wobei der Täter oder die Täterin<br />
dem Opfer in irgend<strong>ein</strong>er Weise überlegen ist, so dass es sich nicht um <strong>ein</strong>en „Kampf“ zwischen<br />
Gleichstarken handelt.<br />
Erfolg haben „Täter“ nur, wenn sie es schaffen, ihre „Opfer“ zu isolieren, womit das Risiko der Gegenwehr<br />
min<strong>im</strong>iert wird. Der Mobbing- oder Bullying-Prozess verläuft nicht selten derart, dass<br />
langsam der Druck auf die „Opfer“ aufgebaut wird, so dass Betroffene den Anlass zunächst vielleicht<br />
zu niedrig finden, um z.B. den Eltern davon zu erzählen. In dem Maße, indem sich der Druck<br />
auf das „Opfer“ steigert, wird es diesem jedoch zunehmend unmöglich, darüber zu sprechen, weil<br />
es das Erlebte selbst nicht mehr verarbeiten kann.<br />
So ist gut zu beobachten, dass „Täter“ ihre Angriffe in der Regel spezifisch gegen solche<br />
Schüler/innen richten, die nicht viel Unterstützung erwarten können, leicht zu isolieren und<br />
schnell in <strong>ein</strong>e Opferrolle zu drängen sind. Da k<strong>ein</strong>es der anderen Gruppenmitglieder das nächste<br />
„Opfer“ s<strong>ein</strong> möchte, können „Täter“ mit deren Unterstützung oder Stillschweigen rechnen. Vor<br />
allem Schüler/innen mit niedrigem sozialem Status wagen es selten, sich auf die Seite des „Opfers“<br />
zu stellen, sie könnten die nächsten „Opfer“ s<strong>ein</strong>! Des Weiteren handeln die „Täter“ meist in<br />
<strong>für</strong> sie sicheren Räumen, wie z.B. Schultoiletten oder außerhalb des Schulhofs (etwa auf dem Schulweg)<br />
um sich drohenden Sanktionen zu entziehen. <strong>Lehrer</strong>/innen, wie Eltern haben oft k<strong>ein</strong>e konkreten<br />
Anhaltspunkte, um auf derartiges Handeln zu reagieren, da die „Taten“ nicht direkt vor ihren<br />
Augen stattfinden und ihnen oft erst sehr spät <strong>ein</strong> auffällig verändertes Verhalten von<br />
Schüler/innen auffällt. (Manche Lehrkräfte wissen womöglich auch nicht mit derartigen Situationen<br />
umzugehen oder entziehen sich verantwortungsvollem Handeln). Erschwerend kommt hinzu,<br />
dass Schüler/innen, die „Opfer“ von Gewalttaten wurden, sich in der Regel nicht outen und zwar<br />
mit gutem Grund: „Opfer“ zu s<strong>ein</strong> gilt in unserer Gesellschaft als Ausgrenzungskriterium, an „Opfern“<br />
haftet der Makel der Schwäche – sie werden als Verlierer (Looser) wahrgenommen und sehen<br />
sich auch selbst so. Zudem bewirkt Mobbing/ Bullying be<strong>im</strong> „Opfer“ Demütigung, Unglücklichs<strong>ein</strong><br />
und emotionale Verwirrung. Viele erleiden <strong>ein</strong>en massiven Einbruch ihres Selbstwertgefühls und<br />
werden ängstlich und unsicher. Oft wird dadurch ihre Konzentrationsfähigkeit und ihr Lernen be<strong>ein</strong>trächtigt.<br />
Hinzu kommt die Angst vor dem Täter, dem man in der Schule regelmäßig begegnet.<br />
„Opfer“ <strong>für</strong>chten sich in die Schule zu gehen oder verweigern irgendwann ganz den Schulbesuch.<br />
Im überwiegenden Teil der Mobbing-Fälle sprechen Kinder und Jugendliche weder mit Eltern noch<br />
mit <strong>Lehrer</strong>/innen über ihre Probleme. Die Opfer haben Angst als Verräter und Petzer dazustehen<br />
und dann noch mehr Repressalien ausgesetzt zu s<strong>ein</strong>. Die Täter haben Angst vor Bestrafung.<br />
Dass Erwachsene ihre Kinder zudem nicht selten mit Erwartungshaltungen, Anklagen oder Schuldzuweisungen<br />
so unter Druck setzen („du musst dich wehren!“, was <strong>ein</strong> richtiger Mann werden will,<br />
muss da durch!“), führt dazu, dass betroffene Kinder und Jugendliche bewusst über ihre Situation<br />
schweigen bzw. nicht alles zu Hause sagen oder gar lügen. „Täter“ erkennen dies alles sehr schnell,<br />
sie erleben, dass sich das Opfer nicht wehren kann oder will und „bearbeiten“ das „Opfer“ aus der<br />
gesicherten Anonymität, schüchtern es <strong>ein</strong>.<br />
Betrachtet man <strong>ein</strong>mal das Gefüge des Mobbing-/Bullying-Prozesses, so gibt es jedoch nicht nur<br />
„Täter“ und „Opfer“, es sind daran auch noch Außenstehende, Verteidiger des Opfers, Assistenten<br />
des Täters, Verstärker des Täters beteiligt. Eigentlich könnte man sagen, die ganze Klasse ist in irgend<strong>ein</strong>er<br />
Weise am Mobbing-/Bullying-Prozess beteiligt. Es gibt neben den „Opfern“, die „Täter“<br />
52 OLWEUS Dan; Bullying at school: what we know and what we can do; Oxford & Cambridge; 1993, 8f<br />
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