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Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer

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Auf der anderen Seite kommt es aber auch zu <strong>ein</strong>er Einstellung: „was muss ich tun, um das Streicheln<br />

der o.k. Personen zu erreichen ... ?“ Menschen mit <strong>ein</strong>er Lebensanschauung „Ich bin nicht<br />

o.k. – Du bist o.k.“ ziehen sich entweder zurück, da es als quälend empfunden wird von so vielen<br />

o.k.-Menschen umgeben zu s<strong>ein</strong>, sie resignieren, zeigen <strong>ein</strong>e depressive Haltung, da sie <strong>im</strong>mer nur<br />

ihre Ohnmacht, ihr Kl<strong>ein</strong>s<strong>ein</strong> sehen: Sie sehen oft in sich selbst die Ursache des Misserfolges. Dies<br />

führt zur zweiten Orientierung dieser Menschen, sie halten Ausschau nach Personen mit starkem<br />

Eltern-Ich, da nur sie in der Lage sind, ihre Bedürfnis nach Streichel<strong>ein</strong>heiten zu erfüllen. Beide Varianten<br />

dieser Lebens-Drehbücher führen jedoch nicht zur Aufgabe der Einstellung „Ich bin nicht<br />

o.k.“ und erlauben es somit nicht, glücklich zu werden.<br />

Von dem Moment an, wo das Kl<strong>ein</strong>kind anfängt zu laufen, sind die Eltern von der Pflicht entbunden,<br />

ihr Kind in der Gegend herum zu tragen. Das Kind vermisst von nun an nicht nur die Geborgenheit<br />

in den Armen der Eltern, sondern es muss auch <strong>im</strong>mer häufiger Strafen auf sich nehmen,<br />

durch welche die Eltern versuchen, s<strong>ein</strong>en Bewegungsspielraum <strong>ein</strong>zuschränken. Da das Streicheln<br />

nun mehr und mehr ausbleibt, entdeckt das Kind allmählich die Lebensanschauung, dass<br />

auch der/ die andere, also nicht nur das ‚Ich’, sondern auch das ‚Du’ nicht o.k. s<strong>ein</strong> kann. Es gelangt<br />

zur Lebensanschauung „Ich bin nicht o.k. – Du bist nicht o.k.“, die auf Dauer zur totalen Resignation<br />

und zu Destruktion führt. Die extremste Form dieser Resignation kann Selbstmord s<strong>ein</strong>. Die<br />

Destruktion in Kombination mit <strong>ein</strong>em Rückzug nach innen, führt zur schweren psychischen Erkrankung,<br />

richtet sich diese nach außen, kommt es zu Verbrechen.<br />

Die Lebens<strong>ein</strong>stellung „Ich bin o.k. – Du bist nicht o.k.“, erwächst daraus, dass das Kind erfährt,<br />

dass die Eltern, bzw. zumindest <strong>ein</strong> Elternteil durch Strafmaßnahmen und sonstiges stark <strong>ein</strong>grenzendes<br />

Handeln das Kind in die Schranken setzt (auch schlägt und verletzt) und somit bei ihm<br />

<strong>ein</strong> Gefühl des „Du bist nicht o.k.“ hinterlässt. In dem Moment, wo das kl<strong>ein</strong>e Kind nicht von s<strong>ein</strong>en<br />

Eltern „drangsaliert“ wird, merkt es, dass die Schmerzen nachlassen und Wunden verheilen. Somit<br />

wird das All<strong>ein</strong>s<strong>ein</strong> als angenehm empfunden und das Kind folgert daraus „Ich bin o.k.“, wenn ihr<br />

mich nur in Ruhe lasst. Die so entstandene Lebensanschauung bezeichnet HARRIS als die kr<strong>im</strong>inelle<br />

Lebensanschauung . 96 „Das sind Menschen 'ohne Gewissen' und mit der Überzeugung, daß sie<br />

o.k. sind, egal, was sie tun, ... Die letzte Konsequenz dieser Anschauung ist Mord, der vom Mörder<br />

als gerechtfertigt empfunden wir... “ Derartige Menschen fühlen sich <strong>im</strong> Grunde anderen überlegen.<br />

Sie schätzen andere gering <strong>ein</strong>, weil sie nicht wie sie selbst sind. Sie misstrauen jedem, der<br />

ihnen überlegen s<strong>ein</strong> könnte. Sie weigern sich aber auch nach innen zu schauen, denn schuld sind<br />

<strong>im</strong>mer die anderen.<br />

Dies führt uns zu der Lebens<strong>ein</strong>stellung „Ich bin o.k. – Du bist o.k.“- (realistisch): Anders als das<br />

„Ich bin o.k. – Du bist o.k.“- (symbiotisch), in welches wir als Säuglinge geboren werden. So lange die<br />

Bedürfnisse erfüllt werden, wir darin verweilen, kommt die Lebens<strong>ein</strong>stellung „Ich bin o.k. – Du<br />

bist o.k.“- (realistisch) – wie sie von Fanita ENGLISH <strong>ein</strong>geführt wurde - durch die Übernahme <strong>ein</strong>er<br />

bewussten Entwicklung komplexer Gefühle (Verantwortungsgefühl, Solidarität, …) zustande. Es<br />

ist die Haltung des Erwachsenen, der s<strong>ein</strong>e Grenzen und die Begrenztheit der anderen und des Lebens<br />

allgem<strong>ein</strong> akzeptiert, ohne zu resignieren. Dieser Mensch baut auf <strong>ein</strong>er gesunden Lebens<strong>ein</strong>stellung<br />

und Lebensplanung auf nach dem Motto „Gelten und Geltenlassen“. Hier gibt es k<strong>ein</strong>e<br />

Verlierer. 97<br />

96 HARRIS 2004, 66<br />

97 HENNING/ PELZ 2002, 95<br />

<strong>Peer</strong>-<strong>Mediation</strong> <strong>im</strong> <strong>Schulalltag</strong> Modul�Gewalt - Konflikt<br />

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