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Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer

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Betrachtet man den Umstand der Abwesenheit des Vaters <strong>ein</strong>mal nicht von der Beziehungsseite<br />

Vater – Kind, sondern aus der Partnerschaftssicht Ehemann – Ehefrau, so kann man festhalten,<br />

dass Frau-Mutter in ihrem eigenen Berufsleben stark <strong>ein</strong>geschränkt ist. Ebenso erfährt sie in vielen<br />

Fällen durch ihre Doppel- bzw. Mehrfachbelastung <strong>ein</strong>e Überbürdung: das Mutter-S<strong>ein</strong> wird<br />

dadurch stark be<strong>ein</strong>trächtigt oder anders ausgedrückt: „Frau kann nur schwer auf verschiedenen<br />

Hochzeiten gleichzeitig tanzen.“ Und wenn wir davon ausgehen, dass all diese Arbeit viel Energie<br />

kostet, braucht Frau jemanden der ihr zur Seite steht. Donald WINNICOTT hat in s<strong>ein</strong>en Schriften<br />

darauf hingewiesen, dass es zur ersten und wichtigsten Aufgabe <strong>ein</strong>es Vaters gehört, das emotionale<br />

Wohlbefinden s<strong>ein</strong>er Partnerin zu stärken, um damit ihre Mutterschaft zu unterstützen. D.h.<br />

das Umgehen des Vaters mit der Mutter hat <strong>ein</strong>en direkten Einfluss auf das emotionale Befinden<br />

der Mutter und das Umgehen der Mutter mit dem Kind und damit auch mit dem Wohlbefinden<br />

des Kindes. Dies umso stärker, je stärker die Bindung des Kindes mit der Mutter ist.<br />

Nicht selten versuchen Väter in den Momenten, wo sie sich <strong>für</strong> ihre Kinder Zeit nehmen, Eindruck<br />

zu hinterlassen. Sozusagen als Kompensation <strong>für</strong> die glänzende Abwesenheit wird in diesen Momenten<br />

auf den Putz gehauen. Er gibt sich als glamouröser Elternteil zu erkennen, zeigt sich spendabel,<br />

als Abenteurer, aufregender Kerl, … Damit unterstreicht der Vater s<strong>ein</strong>e Wichtigkeit und<br />

kompensiert s<strong>ein</strong>e Abwesenheit <strong>im</strong> Erziehungsalltag, indem er sich eben als „nicht alltäglich“ darstellt.<br />

Was aber bleibt, wenn diese Highlights verblasst sind? Was passiert, wenn das Kind mit der<br />

Zeit hinter diese väterliche Show kommt und merkt, dass dem Vater eigentlich alles andere (und<br />

hier werden meist berufliche Sachzwänge in den Vordergrund gestellt) wichtiger ist als das eigene<br />

Kind? Der Vater tut die „wichtigsten Dinge“, zu denen das Kind selbst nicht gehört! Was geht in<br />

dem Kind vor, das diesen Entzug, diese Verweigerung und Abwertung registriert? Welche Folgerungen<br />

zieht es daraus?<br />

Wenn man diese Überlegungen betrachtet, versagt der Mann auf zwei Ebenen:<br />

a. als Ehemann, da er die Mutter nicht unterstützt, sie gar in ihrem Das<strong>ein</strong> behindert, sie<br />

auf das zurückwirft, gegen das sie lange angekämpft hat, die Festlegung auf <strong>ein</strong> Das<strong>ein</strong><br />

<strong>für</strong> Mann und Kind, Haus und He<strong>im</strong>. „Die Frau, die vom Das<strong>ein</strong> <strong>für</strong> andere nicht<br />

ausgefüllt wird und dennoch darin gefangen ist: Das ist der Konflikt, den Friedan<br />

(FRIEDAN Betty, The Feminine Mystique; New York 1977 [EA 1963] Anm. I.S.) auf den<br />

Nenner bringt. Die Lösung, so sagt Friedan, kann nur darin liegen, dass Frauen selbständige<br />

Lebensperspektiven entwickeln. Darin bekommt vor allem Ehe <strong>ein</strong>en anderen<br />

Stellenwert zugewiesen, sie darf nicht mehr das oberste Lebensziel s<strong>ein</strong>. Vielmehr<br />

müssen Frauen ihre eigenen Fähigkeiten entwickeln und <strong>ein</strong>setzen: ‘Der <strong>ein</strong>zige Weg,<br />

um zu sich selbst zu finden und die eigene Person zu erkennen, ist <strong>für</strong> die Frau genau<br />

wie <strong>für</strong> den Mann die eigene schöpferische Arbeit.’“ 42<br />

94<br />

b. als Vater, da er in s<strong>ein</strong>er Prioritätensetzung das Kind hintenan reiht und durch Abwesenheit<br />

glänzt. Nicht selten ist der Vater <strong>ein</strong> Mann der Ferne, physisch wie psychisch.<br />

Als Familienernährer, wie er sich großteils sieht, glaubt er s<strong>ein</strong>e Pflicht getan<br />

zu haben. Dabei vergisst er, dass s<strong>ein</strong>e Partnerin auch berufstätig ist und/oder gerade<br />

durch ihr „Zurückstecken“ <strong>für</strong> ihn die „Bahn frei“ ist <strong>für</strong> s<strong>ein</strong>e berufliche Karriere.<br />

Und hier schließt sich wieder der Teufelskreis <strong>für</strong> die Ehefrau und Mutter, die sich<br />

über das Gefühl gebraucht zu werden definiert, weil sie ihr Selbst noch nicht gefunden<br />

hat und daher zurücksteckt.<br />

42 FRIEDAN 1977, 332 zit. in: BECK-GERNSHEIM 1997, 85

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