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Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer

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tuationen verlaufen eher problematisch, und viele Kinder kommen mit den neuen Umständen<br />

nicht zurecht. Zu alldem kommen gesellschaftliche Umbrüche, die zu <strong>ein</strong>er Vielzahl neuer Möglichkeiten<br />

der Selbstverwirklichung geführt haben, doch stehen diesen gewonnenen Freiheiten<br />

in Lebensstil und Lebensgestaltung auch zahlreiche neue Anforderungen gegenüber, die alle in<br />

der Familie Handelnden betreffen. Viele Eltern begeben sich jedoch <strong>im</strong> Zuge dessen auf <strong>ein</strong>en egoistischen<br />

und egozentrischen Trip und sind damit mehr mit sich selbst, d.h. mit dem Aufbau von beruflicher<br />

Karriere und persönlichem Image beschäftigt, als mit ihren Kindern bzw. den/der Partner/in.<br />

Folge: Viele Eltern nehmen sich zu wenig Zeit <strong>für</strong> ihre Kinder, überlassen die Erziehung den<br />

„he<strong>im</strong>lichen Miterziehern“, um nicht zu sagen den Kindern selbst („Laissez-faire-Erziehungsstil“),<br />

geben damit auch die Werteerziehung aus der Hand und überlassen den Kindern Medien als Beziehungsersatz.<br />

Eltern versuchen diese Lücken durch materielle Zuwendungen an ihre Kinder zu<br />

kompensieren und überhäufen diese mit Spielzeug etc… Wen wundert es dann, wenn landauf,<br />

landab die Rede ist von „der Auflösung sozialer und religiöser Bindungen, Zerfall der Familien- und<br />

Nachbarschaftsstrukturen, allgem<strong>ein</strong>em Werteverlust, Orientierungslosigkeit, Ver<strong>ein</strong>zelung, Zukunftsunsicherheit,<br />

grenzenloser Langeweile, zubetonierten Bewegungsräumen, neuer sozialer<br />

Armut, dem gnadenlosen Diktat <strong>ein</strong>es hoch expansiven Jugendkonsummarktes und <strong>ein</strong>er Vielzahl<br />

von neuen psycho-sozialen Belastungen. Doch was wissen wir wirklich über die Lebenslagen, Lebensbedingungen<br />

und Lebensqualitäten unserer Kinder?“ 46<br />

Die Sehnsucht nach Abenteuer, Grenzüberschreitung, Nervenkitzel, Risiko und gefährlichem Übermut<br />

ist <strong>im</strong> Jugendalter entwicklungsbedingt hoch – all diese Faktoren zählen in der Neuzeit zu den<br />

entscheidenden Antriebskräften <strong>im</strong> Freizeitverhalten. Doch die heutige Alltagswelt, die stark<br />

durchrationalisiert und „zugepflastert“, disziplinierend und hoch kommerzialisiert ist, bietet <strong>für</strong><br />

derartige Erlebnisbereiche nur wenige Nischen. Sie lässt nur <strong>ein</strong>seitige Spielräume <strong>für</strong> Eigenentfaltung<br />

zu, ferner besitzen nur wenige Kinder die Möglichkeit, ihre Spontaneität auszuleben und<br />

ihren alters- und entwicklungsspezifisch hohen Bedarf an Abenteuer und Erlebnis zu erfüllen. Demgemäß<br />

fühlen sich viele Heranwachsende <strong>ein</strong>geengt. Sie empfinden ihre Freizeit als unerfüllt, inhaltsleer<br />

und sinnlos; sie leiden unter „aggressiver Langweile“, deren Ausdrucksformen unter anderem<br />

riskantes Verkehrsverhalten, Autorasen und Bungeejumping sind – sie sind auf der Suche<br />

nach extremen Sinneserfahrungen und extremen Erlebnissituationen. 47<br />

1.4.2 Schule<br />

Die Schule ist durch Schulpflicht und den Trend der Schulzeitverlängerung zunehmend zu <strong>ein</strong>em<br />

zentralen Lebensfeld junger Menschen geworden; hier verbringen sie große Teile des Tages und<br />

werden stark in ihrem Verhalten be<strong>ein</strong>flusst.<br />

Durch ihre Strukturen als gesellschaftliche Institution ist auch Schule an der Entstehung des Phänomens<br />

Gewalt beteiligt. Strukturelle Bedingungen, die Gewalt in der Schule begünstigen und von<br />

denen anzunehmen ist, dass sie Probleme und Schwierigkeiten bei Schüler/innen verstärken bzw.<br />

sie damit all<strong>ein</strong>e lassen, seien an <strong>ein</strong>igen ausgewählten Punkten erläutert: 48<br />

96<br />

• Lerninhalte, Lernziele und Lernrhythmen<br />

Viele Interessen der Jugendlichen werden in der Schule nicht berücksichtigt. Jugendthemen,<br />

die sie wirklich betreffen, finden <strong>im</strong> Unterricht kaum Raum, bzw. sie<br />

werden als Unterrichtsstoff „degradiert“ z.B. <strong>im</strong> Deutschunterricht zum „benoteten<br />

46 BRINKHOFF Klaus-Peter; Kinds<strong>ein</strong> ist k<strong>ein</strong> Kinderspiel; in: MANSEL Jürgen (Hg.); Glückliche Kindheit – Schwierige Zeit?<br />

Über die veränderten Bedingungen des Aufwachsens; Opladen 1996, 26<br />

47 vgl. HURRELMANN/ PALENTIEN 1995, 161<br />

48 SCHIRP H<strong>ein</strong>z; Schule und Gewalt; in: HURRELMANN Klaus/ RIXIUS Norbert/ SCHIRP H<strong>ein</strong>z (Hg.); Gewalt in der Schule. Ursachen<br />

– Vorbeugung – Intervention; W<strong>ein</strong>he<strong>im</strong>/ Basel 1999, 37

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