Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer
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2.6.2 Spektrum der Drittparteiinterventionen<br />
Mit jeder der oben angeführten Eskalationsstufen kann <strong>ein</strong>e best<strong>im</strong>mte Interventionsmethode in<br />
Verbindung gebracht werden. Die nachfolgende Abstufungstabelle 107 zeigt, dass nicht jede Vorgehensweise<br />
<strong>für</strong> jeden Konflikt geeignet ist, es gibt k<strong>ein</strong>e Interventionsform als Allheilmittel, weshalb<br />
es sich lohnt vor jeder Intervention zu überlegen, welche Form wohl angemessen ist. Während<br />
bei den ersten drei Stufen noch auf <strong>ein</strong>e Drittperson verzichtet werden kann und die Konfliktparteien<br />
in <strong>ein</strong>em konstruktiven und wohlwollenden Gespräch ohne „fremde Hilfe“ ihren Konflikt bearbeiten<br />
können, wird dies mit zunehmender Eskalation <strong>im</strong>mer schwieriger.<br />
Stufe 1 - 3<br />
Moderation, Supervision,<br />
Facilitating<br />
Stufe 3 - 5<br />
Prozesskonsultation,<br />
Prozessbegleitung<br />
Stufe 4 - 6<br />
Soziotherapeutische<br />
Prozessbegleitung<br />
Stufe 5 – 7<br />
Klassische Vermittlung,<br />
<strong>Mediation</strong><br />
Stufe 6 - 8<br />
Fakultative oder obligatorische<br />
Schiedsverfahren,<br />
Gerichtsverfahren<br />
Stufe 6 - 9<br />
Macht<strong>ein</strong>griff<br />
Die 9 Eskalationsstufen <strong>im</strong> Überblick<br />
1) Verhärtung Man merkt, dass irgendetwas nicht st<strong>im</strong>mt. Es wird aber noch nicht angesprochen.<br />
2) Offener Streit Der Konflikt kommt auf den Tisch. Dabei kann es lautstark zugehen.<br />
3) Taten statt Worte<br />
4) Images - Koalitionen<br />
5) Gesichtsverlust<br />
6) Drohstrategien<br />
7) Begrenzte Gewalt<br />
8) Zersplitterung<br />
9) Gem<strong>ein</strong>sam in den Abgrund<br />
<strong>Peer</strong>-<strong>Mediation</strong> <strong>im</strong> <strong>Schulalltag</strong> Modul�Gewalt - Konflikt<br />
Durch größer werdende Spannungen fällt es schwerer, den Konflikt anzusprechen. Es<br />
werden vollendete Tatsachen geschaffen. Körperliche Krankheitssymptome können<br />
auftreten.<br />
Zur psychischen Entlastung und zur Vermeidung des eigenen Gesichtsverlusts werden<br />
Verbündete gesucht. Dritte können so ungewollt verwickelt werden.<br />
Es wird geplant, wie der Gegner unter Druck gesetzt werden kann, wie man sich vor<br />
möglichen Angriffen schützt und wie man ihm <strong>ein</strong>en Gesichtsverlust zufügen kann.<br />
Der Konflikt wird zum alles beherrschenden Thema. Die Kooperationsbereitschaft reduziert<br />
sich <strong>im</strong>mer mehr und es folgen Überlegungen, wie man dem Gegner „so richtig<br />
<strong>ein</strong>s auswischen“ kann. Der Auslöser des Konflikts ist nicht mehr so bedeutend und<br />
tritt in den Hintergrund.<br />
Konfliktparteien neigen zu verzerrten Wahrnehmungs- und Deutungsmustern. Dem<br />
Gegner werden schl<strong>im</strong>mere Absichten unterstellt, als man selber hat. Die Drohstrategien<br />
werden nun (teilweise) umgesetzt.<br />
Offene Sabotage und Behinderung der gegnerischen Ziele. Massive Angriffe auf Personen<br />
der Gegenpartei, auch gegen tatsächliche oder verm<strong>ein</strong>tliche Verbündete.<br />
Alles Bestreben richtet sich auf die psychische (oder auch physische), berufliche oder<br />
gesellschaftliche Zerstörung des Gegners, ohne Rücksicht auf eigene Verluste.<br />
Die Streitenden können unter Anleitung in <strong>ein</strong>em gem<strong>ein</strong>samen Gespräch selber ihre<br />
Lösung finden. Es geht um das Initiieren und St<strong>im</strong>ulieren der vorhandenen „Selbstheilungskräfte“.<br />
Mit Hilfe von Prozessbegleiter/innen wird an den verzerrten und bereits fixierten<br />
Perzeptionen und Haltungen der Konfliktparteien sowie an ihren Rollen- und Beziehungsmustern<br />
gearbeitet.<br />
Es geht um das Auflösen pathologisch deformierter und fixierter Einstellungen und<br />
der daraus folgenden Beziehungs- und Rollenmuster. Die Drittpartei baut <strong>ein</strong>e intensive<br />
Vertrauensbeziehung zu den verschiedenen Konfliktparteien auf.<br />
Hier wird zuerst <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Deeskalation gesorgt. Anschließend werden <strong>ein</strong>vernehmliche<br />
und eigenverantwortliche Lösungen erarbeitet. Die Drittpartei wirkt als Puffer<br />
zwischen den Konfliktparteien und sorgt <strong>für</strong> den Ablauf, nicht <strong>für</strong> den Inhalt.<br />
Hier wird die Verantwortung abgegeben, da die Streitenden zu k<strong>ein</strong>er eigenverantwortlichen<br />
Lösung gelangen. Eine neutrale Stelle entscheidet.<br />
Die Eigenverantwortlichkeit der Lösungssuche ist nicht mehr gegeben und auch<br />
nicht gewollt. Eine „starke Hand“ entscheidet zwischen richtig und falsch, Recht und<br />
Unrecht, Schuld und Unschuld.<br />
107 GLASL Friedrich; Das Anwendungsspektrum unterschiedlicher <strong>Mediation</strong>sformen: Ein kontigenztheoretisches Modell; in:<br />
METHA Gerda/ RÜCKERT Klaus (Hg.); <strong>Mediation</strong> und Demokratie; Heidelberg 2003a, 107ff<br />
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