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Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer

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<strong>Peer</strong>-<strong>Mediation</strong> <strong>im</strong> <strong>Schulalltag</strong> Modul�Gewalt - Konflikt<br />

ten <strong>im</strong> Freizeitverhalten. Im Gegensatz dazu ist die heutige Alltagswelt stark durchrationalisiert<br />

und „zugepflastert“, disziplinierend und hoch kommerzialisiert. Dem gemäß fühlen sich viele Heranwachsende<br />

<strong>ein</strong>geengt und empfinden ihre Freizeit als unerfüllt, inhaltsleer und sinnlos. Sie leiden<br />

unter „aggressiver Langweile“ und machen sich auf die Suche nach extremen Sinneserfahrungen<br />

und extremen Erlebnissituationen. 64 Um diese Bedürfnisse risiko- und gewaltfrei zu erfüllen, gilt<br />

es, Kindern und Jugendlichen „sinn-volle“ Erlebnis- und Freizeitmöglichkeiten zu bieten. Das Problem<br />

dabei ist häufig die formale Struktur derartiger Angebote z.B. von Ver<strong>ein</strong>en, sowie die starke<br />

Kommerzialisierung des Freizeitsektors. Daher ist es von enormer Bedeutung <strong>für</strong> Jugendliche, auch<br />

außerhalb dieser formalen Strukturen Räume erschließen zu können, damit sie sich in eigener<br />

Regie Lebenszonen gestalten und <strong>ein</strong>en selbstverständlichen Platz <strong>im</strong> kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Gefüge finden können. Sie brauchen <strong>ein</strong>fach Plätze, um sich zu treffen, um etwas zu<br />

tun, was ihren Interessen entspricht, und vor allem auch unbeobachtet von Erwachsenen, 65 Lebensräume,<br />

die sie nach ihren eigenen Vorstellungen frei gestalten können: Freiflächen, Jugendräume,<br />

Jugendtreffs oder Jugendzentren. Auch hier gilt <strong>ein</strong> wichtiges Schlagwort: „Beteiligung“.<br />

Junge Menschen müssen sich als Subjekte in ihrer eigenen Lebensgestaltung ernstgenommen fühlen,<br />

sie brauchen weniger Bevormundung, sondern mehr Gestaltungsspielräume und Eigenverantwortlichkeit.<br />

Dies kann beispielsweise durch Kinder- und Jugendparlamente, Zukunftswerkstätten,<br />

Beteiligung bei der Bau- und Stadtteilplanung, Gestaltung von Spielplätzen, Schulhöfen usw.<br />

erfolgen.<br />

1.4.4 Medien<br />

Medien haben Einfluss auf ihre Rezipienten! Wer kennt sie nicht, die Spiele der Kinder, wenn sie Spiderman,<br />

Catwoman oder <strong>ein</strong>fach nur Sailermoon (um nur <strong>ein</strong>ige wenige zu nennen) spielen. Immer<br />

wieder ist in dem Zusammenhang aber auch zu hören, zu lesen oder zu sehen, dass es zu blutigen<br />

„Nachahmungstaten“ gekommen ist, in denen Kinder und Jugendliche Film- oder Computerspielszenen<br />

nachgespielt haben. Ein Beispiel von vielen, das Schuldrama von Erfurt. 66 Bei aller Polemik<br />

bleibt jedoch zu fragen, ob denn die Medien wirklich als Anstifter <strong>für</strong> Gewalthandlungen zu sehen<br />

sind? In der Fachliteratur gibt es hierzu unterschiedliche Thesen und außer, dass man sagen kann,<br />

dass die Medien <strong>ein</strong>en Einfluss haben, stehen mehr Fragen als Antworten <strong>im</strong> Raum.<br />

Dass so manches, was über den Äther gesendet und die Bildschirme fl<strong>im</strong>mert, aus der untersten<br />

„Schublade“ stammt, wirft k<strong>ein</strong> gutes Bild auf die Programmmacher/innen und Produzent/innen.<br />

Was Eltern dazu bewegt, ihren Kindern zu Nikolo oder Weihnachten Kriegsspielzeug zu schenken,<br />

ist ebenso mehr <strong>ein</strong>e moralisch-ethische Angelegenheit, als dass man Angst haben müsste, dass die<br />

Kinder den Rest ihres Lebens zu Highnoon <strong>im</strong> Wilden Westen oder auf Galactica Räuber und Gendarm<br />

spielen.<br />

Wenn man jedoch die Medien partout als Ursache <strong>für</strong> aggressives und gewalttätiges Handeln <strong>im</strong><br />

realen Leben ansehen möchte, kommt man nicht an der Frage vorbei, warum Medien nicht bei<br />

allen Kindern und Jugendlichen völlig <strong>ein</strong>heitlich wirken, warum sie nicht alle zu Aggressivität und<br />

Gewalttaten führen, und warum sie nicht alle zu „Nachahmungstäter/innen“ werden.<br />

64 vgl. HURRELMANN/ PALENTIEN 1995, 161<br />

65 vgl. HURRELMANN/ PALENTIEN 1995, 166f<br />

66 Zur Information: Der 19-jährige Todesschütze von Erfurt hatte Ende April 2002, nachdem er von s<strong>ein</strong>er Schule verwiesen wurde,<br />

16 Menschen erschossen, bevor er sich selbst umbrachte. Der Attentäter wurde von s<strong>ein</strong>en Mitschüler/innen als ausgegrenzter<br />

bzw. als <strong>ein</strong> sich selbst ausgrenzender Schüler bezeichnet, ohne stabilen Freundeskreis und ohne Vertrauenspersonen. Er hat<br />

sich der Medien als Ersatzkommunikationspartner bedient und flüchtete in <strong>ein</strong>e Sch<strong>ein</strong>welt. Bei ihm fanden die Ermittler <strong>ein</strong>e<br />

große Zahl von gewaltverherrlichenden Videofilmen und Computerspielen.<br />

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