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Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer

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<strong>Peer</strong>-<strong>Mediation</strong> <strong>im</strong> <strong>Schulalltag</strong> Modul�Gewalt - Konflikt<br />

1.4.1.3 Fazit<br />

Hier und heute wachsen die Kinder <strong>im</strong> sogenannten gut situierten Westen <strong>im</strong> Vergleich zu früher<br />

<strong>im</strong> Wohlstand auf und sind sozusagen umfassend versorgt. Hunger, Kleidung, Wohnung, die physische<br />

Versorgung der Kinder ist in der Regel sichergestellt.<br />

Es hat demnach den Ansch<strong>ein</strong>, dass die äußeren Lebensbedingungen den heutigen Kindern <strong>ein</strong>e<br />

unbekümmerte und sorgenfreie materielle Existenz bescheren könnten. Doch mal abgesehen von<br />

den vielen Fällen (leider gehört Kinderarmut in unserer Gesellschaft 43 zu den Bereichen unterschlagener<br />

Wirklichkeitsbetrachtung), wo dies nicht gegeben ist, auch dort wo Wohlstand gesichert<br />

sch<strong>ein</strong>t, gibt es vielerorts Probleme, Lebenskrisen und Familienkatastrophen.<br />

„Unabhängig davon, welchen Belastungen Kinder in früheren historischen Epochen ausgesetzt<br />

waren, ist Kindheit vor dem Hintergrund der an sie gestellten Anforderungen und der zu bewältigenden<br />

Aufgaben k<strong>ein</strong>eswegs ausschließlich als <strong>ein</strong>e pr<strong>im</strong>är sorgenfreie und unbelastete, sondern<br />

auch als <strong>ein</strong>e schwierige Lebensphase zu verstehen, die nur über hohe individuelle Aufwendungen<br />

und/oder über zur Verfügung stehenden materiellen, instrumentellen, informationellen, sozialen<br />

und emotionalen Ressourcen schadlos überstanden werden kann.“ 44<br />

Die Anzeichen <strong>für</strong> Auffälligkeiten, Defizite, unangemessenes Verhalten oder Entgleisungen in den<br />

Verhaltensmustern der Kinder stehen an der Tagesordnung. Die Rufe der <strong>Lehrer</strong>/innen und Eltern<br />

sind laut und <strong>ein</strong>dringlich. Eltern beklagen sich über Ungehorsam und Aufmüpfigkeit, <strong>Lehrer</strong>/innen<br />

über Disziplinschwierigkeiten bei ihren Schüler/innen, mangelnden Leistungswillen, Konzentrationsschwächen<br />

und nachlassende Begabung.<br />

Es sch<strong>ein</strong>t <strong>ein</strong>e Dynamik da<strong>für</strong> zu geben, dass jede heranwachsende Generation zu hören bekommt,<br />

dass „es früher besser war“ bzw. „so schl<strong>im</strong>m war es noch nie“. Doch aufgrund der rasanten<br />

Veränderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen, denen heutige Heranwachsende begegnen,<br />

muss festgehalten werden, dass „die Bereitschaft, sich in <strong>ein</strong>er gewissen Art zu verhalten,<br />

etwas zu tun oder zu unterlassen, und generationsspezifische Verhaltenstrategien und Handlungsmuster<br />

ebenso wie die spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Kenntnisse und das<br />

verfügbare Wissen <strong>im</strong> Prozess der individuellen Aneignung und der Aus<strong>ein</strong>andersetzung mit den<br />

äußeren materiellen und sozialen Lebensbedingungen erworben werden. Die Andersartigkeit der<br />

heutigen Kinder verweist somit auf veränderte Sozialisationsbedingungen, sprich auf <strong>ein</strong>en Wandel<br />

der von Erwachsenen hergestellten Bedingungen, mit denen die Kinder <strong>im</strong> Prozess des Aufwachsens<br />

konfrontiert werden.“ 45<br />

Die Idylle vom trauten He<strong>im</strong> ist eben nur <strong>ein</strong>e Idylle, die Familie als pr<strong>im</strong>äre Sozialisationsinstanz<br />

kann nicht – wie manche es gerne sehen möchten – als Schon- und Schutzraum gesehen werden.<br />

Auch dann nicht, wenn getreu dem Motto: „Dem Vater die Arbeit, der Mutter die Kinder“ vermehrt<br />

Frauen wieder in die Küche verbannt und vom Arbeitsprozess verdrängt werden. Ohne diese Diskussion<br />

weiter zu verfolgen, muss festgehalten werden: <strong>im</strong>mer mehr Familien sind Ein-Eltern-<br />

Familien, <strong>im</strong>mer mehr Ehen werden geschieden, <strong>im</strong>mer mehr Eltern werden zu All<strong>ein</strong>erziehern,<br />

Ehen auf Zeit und auf Probe, Ehen ohne Trausch<strong>ein</strong>, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Wohngem<strong>ein</strong>schaften<br />

etc … sind Faktum. Nicht weil die Ehe das Maß aller Dinge sei, sondern aufgrund<br />

der Dynamiken innerhalb all dieser Konstellationen gibt es starke Auswirkungen auf das emotionale<br />

und soziale Beziehungsgefüge des Eltern-Kind-Verhältnisses. Manche von diesen Lebenssi-<br />

43 UNICEF, ‘Child Poverty in Rich Countries, 2005’, Innocenti Report Card No.6.<br />

44 MANSEL Jürgen; Glückliche Zeit – Schwierige Kindheit? In: MANSEL Jürgen (Hg.); Glückliche Kindheit – Schwierige Zeit?<br />

Über die veränderten Bedingungen des Aufwachsens; Opladen 1996, 11f<br />

45 GEULEN 1989, 10 zit. in: MANSEL 1996, 9<br />

95

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