Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer
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2. KONFLIKT – VERSUCH EINER BEGRIFFSBESTIMMUNG<br />
Das Wort ,,Konflikt“ stammt vom lat<strong>ein</strong>ischen „conflictus“, was bedeutet: An<strong>ein</strong>anderschlagen,<br />
Zusammenstoßen.<br />
Zu <strong>ein</strong>em best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt treffen gleichzeitig mindestens zwei unterschiedliche Tendenzen<br />
(Interessen, Ziele, Ansichten, Gefühle oder Wahrnehmungen) auf<strong>ein</strong>ander (lat. confligere),<br />
wobei <strong>ein</strong> Handlungs- und Lösungsdruck ausgelöst wird.<br />
„Konflikte entstehen überall dort, wo Menschen mit<strong>ein</strong>ander zu tun haben. Immer da, wo ihre Verschiedenartigkeit,<br />
ihre unterschiedlichen Bedürfnisse, Reaktionsweisen, M<strong>ein</strong>ungen und Ziele auf<strong>ein</strong>ander<br />
treffen, wird es zu Konflikten kommen, die <strong>ein</strong>e Aus<strong>ein</strong>andersetzung fordern. [Konflikte<br />
sind eigentlich etwas Natürliches. Sie können zur Klärung der Standpunkte und zum Finden <strong>ein</strong>er<br />
richtigen Lösung notwendig s<strong>ein</strong>.] Streit ist das Austragen dieses Konfliktes.“ 77<br />
Doch genau hier kommt es sehr oft zu <strong>ein</strong>er begrifflichen Vermischung, wenn etwa Konflikt als<br />
„Streit, Zusammenprall, Gegensatz“ definiert wird. Zu differenzieren ist, dass zwar jeder Streit und<br />
jeder Zusammenprall auf <strong>ein</strong>en Konflikt zurückzuführen ist, doch nicht jeder Konflikt zwangsläufig<br />
zu <strong>ein</strong>em Streit führt. Konflikt und Streit werden oft gleichgestellt. Hierdurch wird der „Konflikt“<br />
über Konfliktaustragungsformen oder Ausprägungen definiert, womit der Konflikt an sich schon<br />
bewertet wird. Definiere ich nach dieser Logik den Konflikt als Krieg (<strong>ein</strong>e mögliche Austragungsform),<br />
so muss ich zwangsläufig zu der (irreführenden) Bewertung kommen: Konflikt bedeutet Destruktion<br />
und Krieg, Konflikt wird demzufolge zu <strong>ein</strong>em negativen Vorgang.<br />
GLASL versteht unter sozialem Konflikt<br />
„- <strong>ein</strong>e Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen, usw.),<br />
- wobei wenigstens <strong>ein</strong> Aktor,<br />
- <strong>ein</strong>e Differenz bzw. Unver<strong>ein</strong>barkeiten <strong>im</strong> Wahrnehmen und <strong>im</strong> Denken bzw.<br />
Vorstellen und <strong>im</strong> Fühlen und <strong>im</strong> Wollen<br />
- mit dem anderen Aktor (den anderen Aktoren) in der Art erlebt,<br />
- dass be<strong>im</strong> Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will <strong>ein</strong>e<br />
Be<strong>ein</strong>trächtigung<br />
- durch <strong>ein</strong>en anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge.“ 78<br />
Fasst man dies zusammen, so gehören Konflikte zum Leben. Sie sind integraler Bestandteil jeglichen<br />
Zusammenlebens, ohne Konflikte, so sch<strong>ein</strong>t es, kommt k<strong>ein</strong>e zwischenmenschliche Beziehung<br />
aus. Konflikte bringen etwas zum Ausdruck und sind oft <strong>ein</strong> spannender und spannungsgeladener<br />
Zustand, in dem man die Grenzen des normalen, angepassten, vernünftigen, überlegten<br />
Verhaltens verlässt und sich spontan und direkt öffnet, dies indem man <strong>ein</strong>en Teil der Kontrolle<br />
über s<strong>ein</strong> Verhalten verliert. Denn „Konflikte be<strong>ein</strong>trächtigen unsere Wahrnehmungsfähigkeit und<br />
unser Denk- und Vorstellungsleben so sehr, dass wir <strong>im</strong> Laufe der Ereignisse die Dinge in uns und<br />
um uns herum nicht mehr richtig sehen. Es ist so, als würde sich unser Auge <strong>im</strong>mer mehr trüben;<br />
unsere Sicht auf uns und die gegnerischen Menschen <strong>im</strong> Konflikt, auf die Probleme und Geschehnisse<br />
wird geschmälert, verzerrt und völlig <strong>ein</strong>seitig. Unser Denk- und Vorstellungsleben folgt<br />
Zwängen, deren wir uns nicht hinreichend bewusst sind.“ 79<br />
77 BRAUN Günther/ HÜNICKE Wolfgang/ REGNIET Martina/ SPRINK Elisabeth/ SCHUSTER-MEHLICH Gabi; Streitschlichtung durch<br />
Schülerinnen und Schüler. Schüler regeln unter<strong>ein</strong>ander gewaltfrei und selbstverantwortlich ihren Streit. Hg. vom<br />
Pädagogischen Zentrum Rh<strong>ein</strong>land-Pfalz. Bad Kreuznach 2000, 7<br />
78 GLASL Friedrich; Konfliktmanagement. Ein <strong>Handbuch</strong> <strong>für</strong> Führungskräfte, Beraterinnen und Berater; Bern/Stuttgart/Wien<br />
2004, 17<br />
79 GLASL 2004, 17<br />
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