Peer-Mediation im Schulalltag : ein Handbuch für Lehrer
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Unser Eltern-Ich wurde logischerweise von unseren Eltern oder wichtigen Erwachsenen geprägt.<br />
Alles, was wir als Kind von unseren Eltern sehen, hören, erfahren, wird in unserem Eltern-Ich gespeichert.<br />
Wir erfahren elterliche Einstellungen und Werte sowohl über den verbalen Kommunikationskanal,<br />
als auch non-verbal in Körperhaltungen, Gesten und anderen Ausdrucksformen, wie<br />
etwa Liebkosungen. Recht früh beginnen wir von ihnen zu lernen, dass unsere Erfahrungswelt aus<br />
Belohnungen und Bestrafungen besteht. Wenn unsere Eltern uns belohnen, sind sie in der Regel<br />
<strong>für</strong>sorglich, sie ermutigen und unterstützen uns (<strong>für</strong>sorgliches Eltern-Ich). Wenn sie uns bestrafen,<br />
weisen sie uns Schuld zu, schränken uns <strong>ein</strong> und verurteilen uns. Über das kritische (strafende)<br />
Eltern-Ich finden ihre Werte ihren Ausdruck in Wertungen, Verpflichtungen, Geboten wie „Du<br />
sollst!“; „Du darfst nicht!“; „Du musst!“ oder in Fragen nach Begründungen. Derartige Vorschriften<br />
werden <strong>im</strong> Laufe der Zeit verinnerlicht, <strong>ein</strong>e Erschütterung führt zu Schuld-, Scham- und/ oder Verlegenheitsgefühlen.<br />
Falsch wäre es aber, den kritischen Eltern-Ich-Zustand nur als negativ zu<br />
sehen. Viele Inhalte des Eltern-Ichs gehören zur Kategorie „Wie man’s macht“ und helfen, Orientierung<br />
zu geben, „wie man’s tut“. Doch da derartige Regeln nicht selten mit nachdrücklichen Wörtern<br />
wie „<strong>im</strong>mer“ oder „nie“ verstärkt werden, erhalten sie „<strong>ein</strong>prägsamen Charakter“. Wir finden<br />
diese Regeln als Ansprüche wieder, die uns tagtäglich begleiten. Sie führen dazu, sich so zu benehmen<br />
bzw. so zu handeln, „wie es sich gehört“ oder anders ausgedrückt, wie es Vater oder Mutter<br />
von <strong>ein</strong>em erwarten.<br />
Dies führt uns zum Kind-Ich, oder genauer gesagt, zum angepassten (reagierenden) Kind-Ich. Durch<br />
die mächtigen Sozialisierungskräfte der Eltern und Institutionen werden nicht selten natürliche<br />
Gefühle verlagert und auf Stereotypen unserer Gesellschaft ausgerichtet. („Ein Mann kennt k<strong>ein</strong>en<br />
Schmerz!“; „Richtige Männer w<strong>ein</strong>en nicht!“ „Ohne Fleiß k<strong>ein</strong> Preis!“…) Doch auch be<strong>im</strong> Kind-<br />
Ich wäre es falsch, das angepasste Kind-Ich nur negativ zu sehen, denn manchmal ist Anpassung<br />
durchaus sinnvoll und angemessen, doch in den meisten Fällen hat das angepasste (reagierende)<br />
Kind-Ich das natürliche (freie) Kind-Ich fast völlig verdrängt. Gefühle sind auf best<strong>im</strong>mte Stile und<br />
Rituale ausgerichtet und aus Verlangen <strong>für</strong> die produziert, die uns gute oder schlechte Gefühle zu<br />
ihren eigenen Werten gelehrt haben. Das angepasste Kind-Ich enthält unsere sozialisierten Gefühle,<br />
die sich aus <strong>ein</strong>er verinnerlichten Erziehung durch die Eltern ergeben. „Nun gibt es aber zum<br />
Glück auch noch <strong>ein</strong>e gute Seite, denn das Kindheits-Ich ist zugleich <strong>ein</strong> großer Speicher positiver<br />
Daten. Im Kindheits-Ich ruhen Kreativität und Neugier, Abenteuerlust und Wissensdrang, die Lust<br />
am Berühren, Fühlen, Erfahren und die Schätze der Erinnerung an die herrlichen, taufrischen Gefühle<br />
von ersten Entdeckertaten her. Im Kindheits-Ich sind die zahllosen, großartigen Aha-Erlebnisse<br />
registriert, die ersten Erlebnisse überhaupt <strong>im</strong> Leben des kl<strong>ein</strong>en Menschen; … die Gefühle,<br />
die diese lustvollen Handlungen begleiten, werden ja ebenfalls mit aufgezeichnet.“ 82 BERNE hat<br />
dies als das natürliche Kind-Ich bezeichnet. Unser natürliches Kind-Ich hat auf Abruf alle natürlichen<br />
Gefühle zur Verfügung, die sich in uns als Folge unserer Transaktionen mit der Umwelt abspielen<br />
können. Ein Säugling ist <strong>im</strong>pulsiv, neugierig, selbstbezogen und zärtlich, wenn s<strong>ein</strong>e Bedürfnisse<br />
erfüllt werden. Aber wehe, wenn nicht, dann ist er wütend. Das natürliche Kind-Ich lässt<br />
uns spontan und unbekümmert an die Dinge herangehen, ohne gleich auf die Konsequenzen zu<br />
schauen. Das rebellische Kind-Ich tut sich etwas schwerer, handelt und agiert nicht so unbekümmert,<br />
da es sich nicht <strong>ein</strong>ordnen lassen will, trotzt und widersetzt es sich Normen und Regeln. Das<br />
rebellische Kind-Ich ist sozusagen <strong>ein</strong>e negative Form der Anpassung.<br />
Das Erwachsenen-Ich beginnt s<strong>ein</strong>e Entfaltung etwa ab dem 8. Lebensmonat. „Das Erwachsenen-<br />
Ich ist hauptsächlich damit beschäftigt, Reize in Informationen umzuwandeln und diese Infor-<br />
82 HARRIS Thomas A.; Ich bin o.k. – Du bist o.k.; R<strong>ein</strong>bek 2004, 42<br />
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