13.07.2015 Aufrufe

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

gute Geist fortwährend die Rolle des Verlierers spielt. Dieser gute Geist hat in dem Werk dieWarnerfunktion, die Funktion des Gewissens. S<strong>ein</strong>e Aufgabe besteht darin, „die VernunftFausts so zu ‚aktivieren’, dass <strong>ein</strong>e Rückbesinnung auf moralische und metaphysischePrinzipien wie die Anerkennung des Grundsatzes von der Begrenztheit menschlichenErkennens, die Funktion des ‚Gewissens’ und die Wertschätzung christlicher Tugendenermöglicht wird.” 359 Der böse Geist hat von Anfang an <strong>ein</strong>e bessere Ausgangsposition, daFaust ursprünglich nur ihn hervorzaubern wollte, um s<strong>ein</strong>e Wünsche zu erfüllen, nicht denguten Geist. Somit ist er geneigter, den Ratschlägen des bösen Geistes zu folgen anstatt demguten Geist überhaupt zuzuhören:FAUST: [zum guten Geist] Auch du! Dir hab’ ich nicht gerufen, fleuch!Abschütteln will ich d<strong>ein</strong>er Knechtschaft Joch;Entfleuch! Nicht du, Unmächtiger, vermagstDen heißen Durst des Lechzenden zu stillen [...]. 360„Was Faust zu s<strong>ein</strong>em Zielvorhaben an Erkenntnisbeistand benötigt, erwartet und fordert erselbstbewusst von s<strong>ein</strong>em ‚bösen Geist’, jenem metaphysischen Exponenten des Bösen.” 361Für Chamissos Faust gibt es für den Pakt mit dem bösen Geist nur <strong>ein</strong>en Beweggrund: denErkenntnisdurst. 362 Somit kommt Chamisso auf die Tradition der Historia zurück, das Bilddes erkenntnisdurstigen Wissenschaftlers tritt hier wieder auf. Faust wird als <strong>ein</strong>Wissenschaftler dargestellt, der im hohen Alter anfängt, zu zweifeln, ob er jemals ‚richtig’gelebt hat. Er macht sich Gedanken über s<strong>ein</strong> Leben und versinkt immer tiefer in s<strong>ein</strong>erVerzweiflung:Der Jugend kurze Jahre sind dahin,Dahin die Jahre kräft’ger Mannheit, Faust!Es neigt sich schon die Sonne d<strong>ein</strong>es Lebens -Hast du gelebt? Hier, fremd in dieser Welt,Verträumtest du die karggezählten Stunden,Nach Wahrheit ringend, die PygmäenkräfteAnstrengend in dem Riesenkampf - o Tor! 363Faust hat s<strong>ein</strong> ganzes Leben lang versucht, s<strong>ein</strong>e eigenen Kräfte <strong>ein</strong>zusetzen, damit er endlichzur Erkenntnis gelangen kann. Es sind jedoch nur „Pygmäenkräfte”, die er in dem„Riesenkampf” hat „anstrengen” können; <strong>ein</strong> Mensch kann mit s<strong>ein</strong>en eigenen Kräften nichts359 Schwann: Vom ‚Faust’ zum ‚Peter Schlemihl’. S. 131.360 Faust. - Ein Versuch. In: Faust. Eine Anthologie. S. 408.361 Schwann: Vom ‚Faust’ zum ‚Peter Schlemihl’. S. 129.362 Es kann jedoch - mit Recht - behauptet werden, daß Faust bei Chamisso die Suche nach Glück zum„Teufelspakt” getrieben hat, denn für ihn galt: „Es ist Erkennen mir das <strong>ein</strong>z´ge Glück” (S. 410). Er versuchtealso, durch Erkenntnis glücklich zu werden. Da der Weg zum Glück aber für Faust das Streben nach Erkenntniswar, bevorzuge ich die Lösung, die Erkenntnis- und Wahrheitssuche hier als den Grund für den „Pakt” zubetrachten.363 Faust. - Ein Versuch, S. 406.101

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!