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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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A. 6. Thomas Mann: Doktor FaustusThomas Manns Doktor Faustus setzt auf <strong>ein</strong>er anderen Ebene an als s<strong>ein</strong>e „Vorgänger“ in derFaust-Tradition. Es ist k<strong>ein</strong> traditionelles Faust-Werk, in dem <strong>ein</strong> Wissenschaftler namensFaust dargestellt wird, sondern es beschreibt die faustischen Eigenschaften <strong>ein</strong>es Künstlers,des Komponisten Adrian Leverkühn, der s<strong>ein</strong>erseits allerdings <strong>ein</strong> Oratorium namens D.Fausti Weheklag komponiert.Thomas Mann schrieb s<strong>ein</strong>en Roman größtenteils während des Zweiten Weltkrieges im Exilin Amerika. Den Plan zu <strong>ein</strong>em Künstlerroman mit ähnlicher Thematik hatte er aber bereitsseit Anfang des Jahrhunderts: den so genannten „Dreizeilenplan“ 505 . Ebenfalls gab es <strong>ein</strong>enPlan zu <strong>ein</strong>er Novelle mit dem Namen „Maja“, die inhaltlich noch mehr Details zu demspäteren Faustus-Roman enthielt. 506 Die Zeit – und auch der Autor selbst – schienen jedocherst in den 1940er Jahren dazu reif, diesen Plan Wirklichkeit werden zu lassen. So spielt nunauch der Zeitpunkt der Niederschrift im Roman <strong>ein</strong>e Rolle. In das Schicksal des KomponistenAdrian Leverkühn verflicht sich das Schicksal Deutschlands unter dem Hitler-Regime. DenAktualitätsbezug stellt im Roman der Erzähler Serenus Zeitblom her, der als engster FreundLeverkühns die Erzählergestalt des Werkes ist. Vergleichend lässt Zeitblom die politischenGeschehnisse des Krieges mit dem Aufstieg und Fall s<strong>ein</strong>es Freundes verschmelzen; in s<strong>ein</strong>enAugen vollzieht sich der bevorstehende Untergang Deutschlands in Parallelen mit demparalytischen Untergang s<strong>ein</strong>es Freundes.In Leverkühns Vita sind r<strong>ein</strong> äußerlich etliche „faustische“ – vor allem aus der Historiastammende – Züge zu finden. Diese häufen sich vor allem am Anfang des Romans, wo diePerson Adrian Leverkühn zum ersten Mal charakterisiert wird. 507 S<strong>ein</strong> lutherisch-religiöserund eher bodenständiger Vater, der Bauer Jonathan Leverkühn „spekulierte“ gern in s<strong>ein</strong>erFreizeit. „Das heißt, er trieb, in bescheidenem Maßstab und mit bescheidenen Mitteln,naturwissenschaftliche, biologische, auch wohl chemisch-physikalische Studien, [worin] <strong>ein</strong>505 Der Dreizeilenplan lautete: „Der syphilitische Künstler nähert sich von Sehnsucht getrieben <strong>ein</strong>em r<strong>ein</strong>en,süßen jungen Mädchen, betreibt die Verlobung mit der Ahnungslosen und erschießt sich dicht vor der Hochzeit.“Zit. nach Wysling, S. 38.506 Diese Notiz lautete: „Figur des syphilitischen Künstlers: als Dr. Faust und dem Teufel Verschriebener. DasGift wirkt als Rausch, Stimulans, Inspiration; er darf in entzückter Begeisterung geniale, wunderbare Werkeschaffen, der Teufel führt ihm die Hand. Schließlich aber holt ihn der Teufel: Paralyse. Die Sache mit dem r<strong>ein</strong>enjungen Mädchen, mit der er es bis zur Hochzeit treibt, geht vorher.“ Zit. nach Wysling, S. 37.507 Vor allem S. 16-47. Ich benutze die Ausgabe des Doktor Faustus des Fischer Verlags aus dem Jahr 1990; imFolgenden werden die Zitate aus dieser Ausgabe im Text in Klammern mit der Kürzel ‚DF’ und der Seitenzahlangegeben.147

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