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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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selbst spricht <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>ziges Mal „das grausenvolle Wort“ (V. 363), liest aus <strong>ein</strong>em„abgebleichtem Schriftenhauf“ <strong>ein</strong> „dringendes Beschwören“ (V. 366f). Daraufhin ersch<strong>ein</strong>tihm Mephistopheles, den er allerdings bereits aus dem Leichenhaus kennt. Mit derBeschwörung erreicht Faust also nichts Neues. „Mit diesem bewußten Verzicht auf allesÜbernatürliche wird <strong>ein</strong> metaphysischer Sinnzusammenhang weitgehend geleugnet undmetaphysische Kategorien […] werden entschärft.” 486Im Laufe des Gedichts werden Faust zwei Lebensmodelle dargelegt, die - so die Vertreterdieser Modelle - <strong>ein</strong> glückliches Das<strong>ein</strong> ermöglichen und daher also als Antworten auf FaustsZweifel dienen könnten. Das erste Modell wird von Fausts Jugendfreund, dem GrafenIsenburg vorgestellt. Dieses Modell stellt <strong>ein</strong>e biedermeierliche Idylle dar:Nicht länger hier so <strong>ein</strong>sam bleib,Nimm dir ans Herz <strong>ein</strong> holdes Weib.O Freund, du kennst die Liebe nicht,Sie soll dir bringen Trost und Licht.[…]Ich hab’s erfahren: Weib und KindDas höchste Gut auf Erden sind. (V. 656-659; 678f)„Hier könnte Faust nicht mit Hilfe der Religion oder des Glaubens, sondern durch die Liebeund Freundschaft gerettet werden.” 487 Isenburg sch<strong>ein</strong>t zwar selbst in s<strong>ein</strong>em Modellglücklich zu leben, für Faust ist es jedoch nicht genug. Gerade aus <strong>ein</strong>em solchen Leben willer heraus, da ihm <strong>ein</strong> gesellschaftlich normiertes Das<strong>ein</strong> nicht genügt. 488Das zweite Modell für <strong>ein</strong> glückliches, erfülltes Leben zeigt der Matrose Görg:Sie haben mich stockfinstrer NachtIn diese Welt her<strong>ein</strong>gebracht,Ich weiß k<strong>ein</strong> Wort, auf welchen Wegen,Ist just auch nichts daran gelegen.Nun bin ich da, hab m<strong>ein</strong>en Platz,Der ist gut gnug, ist grade recht[…]Was ich nicht fasse und verstehe,486 Gibson: Lenau: Leben, Werk, Wirkung. S. 93. Bei Grabbe trat, wie bei Lenau, ebenfalls nur <strong>ein</strong> Vertreter derGeisterwelt auf, aber die Existenz <strong>ein</strong>er Geisterwelt war präsent. Im schärfsten Gegensatz zu Lenau steht Goethe,dessen Geisterwelt so vielzählig ist, dass der Leser leicht den Überblick verliert. Ähnlich ist es bei Klinger; ins<strong>ein</strong>em Roman spielen sich <strong>ein</strong>zelne Kapitel in <strong>ein</strong>er r<strong>ein</strong>en Geisterwelt ab.487 Hammer: Nikolaus Lenau. Dichter und Rebell. S. 90.488 Dass Faust Probleme mit der Gesellschaft hatte, kommt deutlich zum Ausdruck in der Szene „Die Lektion”:Und also, m<strong>ein</strong>t Ihr, müsset freilichIhr guten Herren euch bequemen,Des Herrschens Last auf euch zu nehmen,Damit die andern recht gedeihlichUnd ungestört dem süßen TriebeDer Sklaverei sich widmen können (V. 1220-1225)138

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