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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Zeitblom stellt die berechtigte Frage, warum Leverkühn in vollem Bewussts<strong>ein</strong> der Folgen,absichtlich und willentlich diese Verbindung <strong>ein</strong>ging. Was könnten die Gründe für solch <strong>ein</strong>efatale Tat gewesen s<strong>ein</strong>? Was kann <strong>ein</strong>en Menschen dazu treiben, wissentlich s<strong>ein</strong> Leben inden Ruin zu treiben? – Fragen, die bei jedem Faust-Werk gestellt werden können.In der Historia war es der Erkenntnisdurst, die Faust dazu trieb, sich mit dem Teufel zuverbünden. In den Puppenspielen und in Klingers Roman war der ausschlaggebende Punkt dieSuche nach Anerkennung und Bestätigung, nach „Ruhm und Ehre bei den Menschen“ 520 .Goethes Drama zeigte zunächst auch <strong>ein</strong>en Wissenschaftler, der mit s<strong>ein</strong>en Kenntnissenunzufrieden war, und Lenaus Faust fand die Lage unerträglich, dass er den Toten imLeichenhaus nach den Geheimnissen des Lebens fragen muss. Alle diese Faust-Gestaltenschwelgten gelegentlich in Sinnlichkeit, wie Leverkühn, aber die meisten suchten nichtvorrangig Liebe in dem Pakt mit dem Teufel.Was also trieb Leverkühn zu <strong>ein</strong>em Bündnis mit Esmeralda und somit zu <strong>ein</strong>emTeufelsbündnis? Ungleich den früheren Faust-Gestalten ist Manns Faust – also Leverkühn –<strong>ein</strong> Künstler, <strong>ein</strong> Komponist. Er sucht nicht nach <strong>ein</strong>er Erkenntnis in <strong>ein</strong>er Wissenschaft,sondern er sucht nach musikalischer Inspiration, nach künstlerischer Schöpferkraft. ThomasMann beschreibt Leverkühn als <strong>ein</strong>en „kalten“ Menschen – er lebt <strong>ein</strong> recht isoliertes Leben,weil er durch s<strong>ein</strong>e kalte und mitunter auch arrogante Art Menschen eher erschreckt als dasser sie sich zu Freunden machen könnte. 521 Einzig Serenus Zeitblom und später RüdigerSchildknapp sowie Rudi Schwerdtfeger bleiben ihm in freundschaftlichem Sinne treu. DieseArt von innerer Kälte ist „hardly […] favorable to artistic creation“ 522 . Ein musikalischesWerk muss von innerer Wärme, von Gefühlen erfüllt s<strong>ein</strong>, welche Leverkühn offensichtlichfehlen. Das Verlangen nach der inneren Wärme und dadurch nach der Möglichkeit, <strong>ein</strong>emusikalische Inspiration zu bekommen, treibt Leverkühn schließlich zu den teuflischenKräften. Die Musik wird hier also, im Gegensatz zu der allgem<strong>ein</strong> lutherischen Auffassung –Denn die Musik ist <strong>ein</strong>e Gabe und Geschenk Gottes, nicht <strong>ein</strong> Menschengeschenk. Sovertreibt sie auch den Teufel und macht die Leute fröhlich: man vergißt dabei allenZorns, Unkeuschheit, Hoffart und anderer Laster. Ich gebe nach der Theologie derMusik die nächste Stelle und die höchste Ehre. 523520 Das Straßburger Puppenspiel, S. 205.521 Siehe auch Pfaff: The Devil in Thomas Mann’s “Doktor Faustus” and Paul Valéry’s “Mon Faust. S. 63: „Hisarrogance discourages any close personal relationship, and his life is one of isolation. Every facet of his life isinhibited or dampened by the inner coldness…”522 Pfaff, S. 63.523 Martin Luther: Tischreden, S. 276.152

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