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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Adelbert von Chamissos Faust. Ein Versuch. ist in der Zeit der Klassik und der Romantikentstanden. Gedanklich ist das Werk mehr von der Romantik als von der Klassik inspiriert.Auf die Ähnlichkeit mit u.a. Fichtes philosophischen Ansätzen wurde in dieser Arbeithingedeutet (Kap. IV.II. A. 2.). Schwann (1984) nennt Chamissos Werk „<strong>ein</strong> poetischesErzeugnis aus der Zeit der Frühromantik” 842 und Borchmeyer (1989) deutet auf dieÄhnlichkeiten zwischen dem Chamissoschen und dem Lenauschen, spätromantischen Fausthin. 843 Eine für die Romantik typische, „weltschmerzliche” Stimmung sei hier wie dortspürbar.In Chamissos Faust sind die moralischen Qualitäten ‚gut’ und ‚böse’ repräsentiert. Sie stellenjedoch k<strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>en Moralkriterien dar, sondern beschreiben nur die innere Teilung desProtagonisten. Es fehlt in diesem Werk jede direkte Verbindung zur Hölle oder zu den“höllischen” Kräften. Es werden Geister gerufen, diese entspringen aber dem Protagonisten,sind also beide personengebunden, k<strong>ein</strong>en absoluten himmlischen bzw. höllischen Kräftenuntergeordnet.Die „Sünde” – um bei der traditionellen christlich-moralischen Begrifflichkeit zu bleiben –Fausts liegt bei Chamisso nicht in der Schließung <strong>ein</strong>es Teufelspakts, welches letzten Endesnur <strong>ein</strong> Pakt mit dem Selbst ist. Vielmehr befindet sich die Sünde in dem Willen, alles zuwissen, was dem Menschen von s<strong>ein</strong>em Wesen her verborgen bleiben muss. 844 Die Moralität -oder Immoralität - <strong>ein</strong>es „richtigen” Teufelspaktes wird hier also nicht erläutert.Als <strong>ein</strong>e Moralpredigt kann Chamissos Faust auch deshalb nicht angesehen werden, weil hierkaum <strong>ein</strong>e moralische „Lehre” enthalten ist. Der gute Geist plädiert zwar für das „Gute”, fürdie Tugenden <strong>ein</strong>es Christen und warnt vor dem Bösen, aber er ist schließlich nur <strong>ein</strong> TeilFausts, und kann folglich nichts Absolutes verkünden. Auch erfasst Faust die Verdammnis, inder s<strong>ein</strong> Lebensweg enden wird, nicht als die eigentliche Strafe. Faust versteht als “höllische”Strafe vielmehr den ewig dauernden Zweifel oder die Angst, nie – weder im Leben noch imTod – über die menschlichen Erkenntnismöglichkeiten hinaus gelangen zu können.Chamissos Faust endet in <strong>ein</strong>er für den Protagonisten tröstlichen Vermutung: im Tode könneman, wenn schon k<strong>ein</strong>e Erkenntnis, dann aber jedenfalls Gewissheit darüber erhalten, obabsolute Erkenntnis möglich ist oder nicht. Die letzten Zeilen des Werkes lassen <strong>ein</strong>e842 Schwann: Vom ‚Faust’ zum ‚Peter Schlemihl’. S. 75.843 Borchmeyer: Gerettet und wieder gerichtet: Fausts Wege im 19. Jahrhundert. S. 171.844 Christlich gesehen hat nur Gott die Berechtigung, alles zu wissen. Jeder Versuch, Gottgleichheit in dieserHinsicht zu erlangen, ist als Sünde zu betrachten. Als Beispiel wird oft der Baum der Erkenntnis im Paradiesgenannt.282

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