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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Maria ist jedoch nicht die <strong>ein</strong>zige Frau in Lenaus Werk, die Faust begehrt. Getrennt vonjeglichen Liebesgefühlen hat Faust zwei Frauen in purer Lust verführt: <strong>ein</strong>e Nonne und <strong>ein</strong>Dorfmädchen (Hannchen). 494 Durch beide Verführungen vermehrt sich Fausts Schuld: dieNonne hat ihr Kind ertränkt - oder ertränken müssen:„Das ist aus jenen Zeiten noch <strong>ein</strong> Fund!”Da schimmern schreckhaft hell im Mondensch<strong>ein</strong>eVon <strong>ein</strong>em Kind die nassen Totenb<strong>ein</strong>e. (V. 1732-1734)- und Hannchen tritt als Bettlerin wieder auf, durch das ungewollte Kind in finanzielle undgesellschaftliche Notlage geraten:Tritt <strong>ein</strong>e blaße Bettlerin ins Zimmer,Ein ausgehungert Kind an ihrer Hand.Die Arme fleht in ihrer bittern NotFürs Kind und sich um <strong>ein</strong>en Bissen Brot [...]. (V. 1546-1549)Mephistopheles hatte Faust versprochen, den Weg zur Wahrheit zu zeigen: „...und kühn zurWahrheit dringen durch die Schuld” (V. 208). 495 Bis zum Ende des Werkes wird Faust sich anvier Menschen schuldig gemacht haben: an Hannchen, der Nonne, dem Bräutigam Marias undauch am Kapitän <strong>ein</strong>es Schiffes. Er hat sich mehrfach an der Natur schuldig gemacht und istnun von ihr gewissermaßen „losgelöst“. „Der Bruch mit der Natur vollzieht sich für Faustdurchaus nicht schmerzlos. Wie im Falle des Gottesverlustes weckt die Erinnerung an denungebrochenen Glauben in die Natur stumme Trauer” 496 :Doch unerfreut von Gottes Lenzgeschenken,Irrt Faust umher durch Felsen, Wies’ und Hain,Von der Natur geächtet, und all<strong>ein</strong>Mit s<strong>ein</strong>es Mordes bittrem Angedenken.Natur, die Freundin, ist ihm fremd geworden,Hat sich ihm abgewendet und verschlossen;Er ist von jeder Blüte kalt verstoßen,Denn jede Blüte spricht: du sollst nicht morden. (V. 2046-2053)Trotz dieser Erkenntnis sucht Lenaus Faust weiter, von Mephisto überredet und vom W<strong>ein</strong>erheitert. Tatsächlich sch<strong>ein</strong>t es, als sei Faust bloß <strong>ein</strong>e Marionette von Mephistopheles. Deranfängliche Wille, die Sehnsucht nach Erkenntnis und absoluter Wahrheit ändert sich imLaufe des Dramas in <strong>ein</strong>en sinnlos sch<strong>ein</strong>enden Versuch, sich selbst zu finden. Dabei hatMephisto die Fädchen in der Hand - wann immer Faust Reue empfindet, ist Mephisto zur494 Beide Frauen haben Ähnlichkeit mit dem Gretchen-Motiv bei Goethe: Die <strong>ein</strong>e ertränkt ihr Kind, die andereist <strong>ein</strong> armes Dorfmädchen wie Gretchen.495 Henning: Lenaus „Faust”. S. 332: „Abgesehen von der Schuldverstrickung verführt Mephisto Faust zuVerstößen gegen Naturgesetze. Faust verletzt den Naturtrieb, indem er die Dorfbraut in der Tanz-Szenemißbraucht, wird indirekt an der Natur schuldig, indem die Nonne das von ihm empfangene Kind ertränkt. Faustvernichtet existierendes Leben schließlich mit dem Mord an dem Herzog und an dem Kapitän s<strong>ein</strong>es Schiffes.”496 Henning: Lenaus „Faust“, S. 332.141

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