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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Gott mit „Ecken und Kanten“, <strong>ein</strong> Gott, der sich versteckt und den Menschen zu Taten reizt,die nichts mit Christentum zu tun haben. Der allmächtige Gott, der Schöpfergott ist diesernicht. Folglich wäre <strong>ein</strong> Glaube an diesen Gott <strong>ein</strong> Irrglaube und somit – aus der christlichmoralischenSicht – zu verdammen.Andererseits aber sind Bolanders Romane Werke des 20. Jahrhunderts. Sowohl dieMoralvorstellungen als auch die Vorstellung von Gott haben sich geändert, verglichen mitdem, was sie zur Zeit der Entstehung der Faustsage waren. Göran paktiert nicht mit <strong>ein</strong>emleibhaftigen Teufel, das Teuflische ersch<strong>ein</strong>t vielmehr als <strong>ein</strong> Schatten, der Görans Lebenbegleitet. Göran ruft k<strong>ein</strong>en Vertreter der Geisterwelt zur Hilfe, der Schatten ist irgendwann<strong>ein</strong>fach da, ohne explizite Beschwörung. Somit geht es hier nicht mehr um die Frage derRettung oder Verdammung <strong>ein</strong>es Teufelsbündlers, sondern vielmehr um den Lebensweg <strong>ein</strong>esmodernen Suchenden: Was für <strong>ein</strong> Gott, was für <strong>ein</strong>e „höhere Macht“ kann <strong>ein</strong>en Menschendes 20. Jahrhunderts befriedigen, welche Antworten muss diese Kraft geben können, damitder Mensch „gläubig“ wird, damit er sich zu <strong>ein</strong>em Gott hinwendet und <strong>ein</strong>en Gott bekennt?Mit der Entwicklung der Wissenschaften und der Technologie bieten sich dem Menschen soviele Antworten, dass er Probleme hat, die für ihn passenden herauszufinden. Die Welt bietetMöglichkeiten für jeden Anlass, wird aber dadurch zu <strong>ein</strong>em unruhigen, unsteten Ort, wo sichder Einzelne leicht verlieren kann. Er braucht wieder <strong>ein</strong>e höhere Kraft, an die er sichorientieren kann. Diese Kraft hat Göran gefunden und somit für s<strong>ein</strong> Leben – ich verwendebewusst <strong>ein</strong>en christlichen Begriff – die Erlösung entdeckt, die ihn nun beruhigt, die ihmKraft gibt. Görans neuer Glaube sucht sich <strong>ein</strong>ige der christlichen Werte heraus und stütztsich auf diese, vor allem auf die unendliche Liebe. „En enda är han, den kärlek, som ger liveten mening. Men tusen äro formerna.” 795 Die göttliche, dem Menschen zukommende Liebe ist<strong>ein</strong>e Kraft, und die äußert sich in mehreren Formen, jeder Mensch kann s<strong>ein</strong>e eigene Form indieser ewigen Liebe finden. – Somit hat Göran <strong>ein</strong> neues Christentum entworfen, <strong>ein</strong>eReligion, die nicht auf Regeln und Geboten basiert, sondern die von der Liebe Gottesausgehend die Antwort auf die Suche <strong>ein</strong>es Jeden bieten kann. Dieses Christentum bewegtden Menschen, reizt ihn, <strong>ein</strong>en Sinn im Leben zu suchen, animiert ihn, sich nicht mit demVorgegebenen zufrieden zu geben, kann aber am Ende die Qualen beenden, indem es di<strong>ein</strong>dividuellen Antworten geben kann.Aus <strong>ein</strong>er r<strong>ein</strong> christlichen Perspektive also ist Görans Verhalten äußerst fragwürdig, aus derPerspektive dieser anderen Annäherungsweise an Gott – die über alles wachsende Liebe –kann Göran gerettet werden, er findet die Ruhe, die er sucht, in Gott. Es geht Bolander nicht795 Mannen från Nasaret, S. 254, Übers.: „Ein <strong>ein</strong>ziger ist Er, diese Liebe, die dem Leben <strong>ein</strong>en Sinn gibt. Abertausendfach sind s<strong>ein</strong>e Formen.“256

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