13.07.2015 Aufrufe

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Schwann (1984) sieht in dieser Aussage des bösen Geistes nur <strong>ein</strong>en weiteren Anreiz der„Begierde Fausts nach Gleichgestelltheit mit Gott” 393 , Faust weiß aber an diesem Punktbereits, dass er nie etwas wird erkennen können. Der böse Geist hat gesagt, im Tod würdendie Geheimnisse auch nicht enthüllt: „Nicht heben darfst du jenen dunklen Schleier; / Esbringt die Zeit dir k<strong>ein</strong>e Blumen mehr, / Und mir gehöret d<strong>ein</strong>e Ewigkeit” 394 . Er hat Faustgedroht, dass er auch im Tod nichts erkennen könne, dass Fausts Erkenntnisdurst inOrientierungslosigkeit übergehen werde, da er überall nur noch den Zweifel erkennen könneund werde. Faust weiß aber auch, dass er sterben muss, da er den Stab gebrochen und somitdas Todesurteil über sich selbst gefällt hat. Das Versprechen des bösen Geists also, nur der‚r<strong>ein</strong>e Geist’ sei der Erkenntnis fähig, dient für Faust nicht als Anreiz zu neuem Streben nachErkenntnis, sondern als Trost, dass er im Jenseits vielleicht doch noch etwas erfahren könne.Zumindest werde er Gewissheit darüber bekommen, ob der Tod überhaupt Erkenntnis bringenkönne. Alles, was Faust nunmehr will, ist das Ende s<strong>ein</strong>er Zweifel. Und Faust weiß, dass erim Tod endlich k<strong>ein</strong>e Zweifel mehr haben muss:- Verdammnis - Ewigkeit -Lasst eure Qualen nicht den Zweifel s<strong>ein</strong>!Umstürze du, Erfüllung, jene Mauer!Verhüllte Rächerin, sei Rettung mir!Ich will in jenem Lande dich verfolgen.- - -Verdammnis, ewige, in d<strong>ein</strong>en Schoß! -Vielleicht Vernichtung nur, vielleicht Erkenntnis,Gewißheit doch! 395Chamissos Faust begeht Selbstmord, und steigt somit über die „Mauer der Erkenntnis”. Faustweiß, dass im Tod k<strong>ein</strong>e Zweifel mehr herrschen, dort kann er endlich „Gewißheit”bekommen. Es ist ihm relativ gleichgültig, ob er nach dem Tod „nur“ vernichtet oderverdammt wird, oder ob er tatsächlich zu mehr Erkenntnis gelangt, es geht ihm nur noch umdie Gewissheit, darum also, nicht mehr zweifeln zu müssen.Chamisso betont in s<strong>ein</strong>em Werk, dass der Mensch als <strong>ein</strong>e Kombination von Körper undGeist angesehen werden muss. Er kann in s<strong>ein</strong>em körpergebundenen Zustand nichts erkennen;für die absolute Erkenntnis braucht er den Geist, der vom Körper losgelöst ist: „Der r<strong>ein</strong>e392 Faust. – Ein Versuch, S. 414.393 Schwann: Vom ‚Faust’ zum ‚Peter Schlemihl’. S. 145.Schwann berücksichtigt hier jedoch nicht, daß Faust ja selbst das Todesurteil über sich gefällt hatte (Brechen desStabs, siehe auch Anm. 375 oben). Ebenso leugnet Schwann jede Möglichkeit Fausts, noch nach s<strong>ein</strong>em “Pakt”tatsächlich irgend<strong>ein</strong>e Form von Erkenntnis erlangen zu können.394 Faust. – Ein Versuch, S. 415.395 Faust. – Ein Versuch, S. 416.108

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!