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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Erfüllung der Träume erahnen - Faust wird im Tode zur Erkenntnis gelangen. 845 Dabei spieltes k<strong>ein</strong>e Rolle, ob nach dem Tod <strong>ein</strong>e Verdammnis oder <strong>ein</strong>e Rettung wartet, für ChamissosFaust bietet der Tod an sich bereits die Erfüllung s<strong>ein</strong>er Träume – also Erkenntnis – an.Chamissos Faust-Werk kann folglich nicht mit den traditionellen Moralkriterien „gut-böse”bewertet werden, da es k<strong>ein</strong>e äußeren Mächte in diesem Kampf um dieErkenntnismöglichkeiten gibt, sondern nur Fausts innere Stimmen. Den Schluss, da für Faustselbst tröstlich, könnte man deshalb als positiv deuten – der Tod bringt Faust das Ersehnte,also die Gewissheit. Der „r<strong>ein</strong>e Geist all<strong>ein</strong>, / Der ruhende“ 846 wird also gewissermaßen„gerettet“, da er aus den Zweifeln, die ihn geplagt hatten, befreit wird.In Johann Wolfgang von Goethes Faust. Eine Tragödie gibt es auf den ersten Blick viele ausder christlichen Sicht unmoralische Ereignisse. Es werden Menschen ermordet, Faustschwelgt in Lust und Liebe – wobei er sich in k<strong>ein</strong>em Fall verehelicht – und es gibt natürlichden berühmten Teufelspakt mit dem äußerst lebhaften Repräsentanten der Hölle:Mephistopheles. Die christlich orientierte Gesellschaft in Goethes Faust verhält sichentsprechend den moralischen Kategorien der Zeit, als Beispiel hier u.a. der TodesurteilGretchens nach dem von ihr begangenen Kindesmord. Faust macht sich nach denherrschenden gesellschaftlichen Normen mehrfach „schuldig“, indem er beispielsweiseValentin tötet und an dem Tod Philemons und Baucis’ maßgeblich beteiligt ist. Wieso ist esmöglich, <strong>ein</strong>en solchen Verbrecher und Teufelsbündler zu retten?.Es gibt <strong>ein</strong>en anders gelagerten, wichtigen Aspekt, der all dieses Geschehen in <strong>ein</strong> anderesLicht stellt. War es am Anfang nicht Gott selbst, der Mephistopheles erlaubte, s<strong>ein</strong> Spiel mitFaust zu spielen und ihn zu verführen? War nicht Gott, also der christliche Maßstab des Gutenüberhaupt, derjenige, der das „Böse” erlaubte und gar unterstützte? Im Goetheschen Faustgeht es folglich nicht um die traditionelle christliche Moral oder Unmoral Fausts. NachGoethes Auffassung ist das Böse im Guten integriert: Mephisto muss Gott um „Erlaubnis“bitten, Faust s<strong>ein</strong>e „Straße sacht zu führen“ (V. 314). Wenn nun das traditionelle „Böse” alsonur <strong>ein</strong> Teil vom “Guten”, und diesem also untergeordnet ist, kann dann <strong>ein</strong> Pakt mit demBösen unmoralisch s<strong>ein</strong>?Goethes Faust verhält sich nicht unmoralisch, aber auch nicht moralisch - er ist viel eher„außermoralisch”, die traditionellen Moralkategorien spielen bei Goethe k<strong>ein</strong>e Rolle, da erk<strong>ein</strong>e dualistische Weltauffassung hat, sondern der Ansicht ist, dass alles sich in <strong>ein</strong>em Kreis845 Kap. IV.II. A.2. dieser Arbeit.846 Chamisso, Faust, S. 414.283

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