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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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In der Gestalt der Studentin Hélène tritt <strong>ein</strong>e Figur in das Geschehen <strong>ein</strong>, die, um GoethesWorte zu zitieren, „reizt und wirkt, und muß, als Teufel, schaffen“. 802 Hélène ist <strong>ein</strong>eStudentin der Literaturwissenschaft auf dem zweiten Bildungsweg und nur <strong>ein</strong>ige Jahrejünger als Elgcrantz selbst. Sie hebt sich in mehrfacher Hinsicht von der Masse der Studentenab – sie ist nicht nur sehr attraktiv und reich, sondern auch äußerst intelligent, und sie ist sichdieser Eigenschaften sehr bewusst. Hélène besucht <strong>ein</strong>es der Seminare von Mårten Elgcrantz,„Kreatives Schreiben“, und hat es sich zur Aufgabe gemacht, provozierend zu wirken, indemsie nicht nur ihre Kommilitonen, sondern auch ihren Lehrer in ihren Übungsschriften in dieHauptrollen steckt. Dabei sind diese k<strong>ein</strong>eswegs schmeichelnd, vielmehr wird Elgcrantz’Leben in Hélènes Stücken als jämmerlich und Mitleid erweckend beschrieben, oder er hatetwas Kriminelles an sich, oder aber er unterhält in diesen Werken <strong>ein</strong>e Beziehung mit Hélèneselbst, die eben auch <strong>ein</strong>e der Hauptrolle in ihren eigenen Stücken übernimmt. 803 Dies irritiertaber fasziniert Elgcrantz auch. Hélène ist die <strong>ein</strong>zige in dem Seminar, die ansatzweis<strong>ein</strong>teressante Geschichten erfinden und ihre Ideen auch schriftlich umsetzen kann. Dass siedabei aber ihren Lehrer entblößt und lächerlich macht, erhöht nur Elgcrantz’ Faszination dieFähigkeiten dieser Studentin betreffend. Er fühlt sich in <strong>ein</strong>er zwiespältigen Weise zu Hélènehingezogen und lässt sich letztendlich von ihr zu <strong>ein</strong>er Affäre verführen. Somit übernimmtHélène in diesem Roman die Rolle der Verführerin, wenn auch sehr dezent und ohne direkte„teuflische“ Hintergründe. Das „Böse“ an Hélène ist ihre Klugheit, ihre Fähigkeit, andere inihren Bann zu ziehen; sie „reizt und wirkt“ mit ihren weiblichen Reizen sowie mit ihrerIntelligenz. 804802 Goethe: Faust, V. 343.803 Beispiele von Hélènes Schriften finden sich in mehreren Kapiteln, unter Anderem S. 58f, wo das ersteÜbungsstück, „Ödeslotten“ („Schicksalslotterie“) kurz referiert wird (Elgcrantz als „rödlätte, kaninaktige ochtotalt verklighetsfrämmande fil dr“, Übers.: „rotblonder, kaninchenartiger und vollkommen wirklichkeitsfremderDr.Phil.“). Er wird am Ende von <strong>ein</strong>er namenlosen Studentin mit mehreren Messerstichen erstochen, und diese„Furie“ verzehrt zum Schluss noch s<strong>ein</strong>e Innereien. Dazu besteht das gesamte Kapitel 13, das als <strong>ein</strong>ziges <strong>ein</strong>eÜberschrift trägt, aus <strong>ein</strong>er <strong>ein</strong>zelnen Übung Hélènes, „Et in Arcadia ego“. In diesem Werk macht Hélène <strong>ein</strong>eZeitreise und nennt ihren Dozenten nun Martinus Alci-Laureatus (<strong>ein</strong>e verhältnismäßig genaue Übersetzung desNamens ‚Mårten Elgcrantz’ ins Lat<strong>ein</strong>ische, auf Deutsch also etwa ‚Martin Elch-gekrönt’). In diesem Werk istMartinus Alci-Laureatus Magister der Philosophie und Doktor der Theologie und auf dem Landsitz der FamilieSilverstedt als „guvernör“ (‚Gouverneur’) tätig. Er unterhält <strong>ein</strong> „resonemangsförhållande“ („Zwecksverhältnis“)mit der Küchenmagd, die er selbst ‚Chloë’ oder ‚Marguerite’ nennt, die aber in anderen Quellen schlicht ‚Feta-Greta’ (‚fette Grete’) genannt worden s<strong>ein</strong> soll. Die Namensverwandtschaft zu Goethes Gretchen istaugensch<strong>ein</strong>lich. Im weiteren Verlauf nun ersch<strong>ein</strong>t auf dem Landsitz <strong>ein</strong> Proktophantasmist, der <strong>ein</strong>eGeisterbeschwörung vorführt. Infolgedessen gerät die gesamte Gesellschaft auf dem Landsitz in <strong>ein</strong>enTrancezustand, in dem merkwürdige Dinge geschehen, unter anderem schläft Martinus Alci-Laureatus mit derältesten Tochter der Familie Silverstedt, der schönen Hélène.Mit diesem provokanten Stil zu schreiben erreicht Hélène, dass sich Elgcrantz mehr Gedanken über sie machenmuss als ihm lieb ist; das Interesse ist geweckt.804 Die Namensverwandtschaft zu Helena von Griechenland, die in vielen deutschen Faust-Werken beschworenwurde, ist beabsichtigt, nur ist Helenas Funktion in Häggs Roman <strong>ein</strong>e andere als in den älteren Werken. Hierhat Hélène die Rolle der Verführerin, durch sie wird die Faust-Gestalt auf den „falschen Pfad“ geleitet, in den262

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