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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Die gesamte Menschheit musste erweckt werden, diese zwei bedrohten das Leben aufder Erde – sogar Mäuse, Läuse, Muscheln.Wenn auch Goethe selbst nicht anwesend war, musste ich zuminderst Eckermann oderZelter finden und ihnen m<strong>ein</strong> Wissen mitteilen.- Es läuft wieder frei, heulte ich, und die Streicher des Orchesters sägten Strauß wie<strong>ein</strong>e Kreissäge morsches Holz. Ich schaffte es bis auf die Podeste und stürzte mich zumKapellmeister hin, aber Fräul<strong>ein</strong> Jokinen und der Gesandte fassten m<strong>ein</strong>e Arme und führtenmich hinter den schützenden Vorhang.- Das Publikum hat das Recht zu erfahren. Es ist los, Goethes Schöpfung, das alteMonster. Es ist hier, versteckt sich in der Menschenmenge, mit s<strong>ein</strong>em Mefisto, die habensich verkleidet als <strong>ein</strong>geladene Gäste der 400-Jahresfeierlichkeiten der Stadt, alswichtigtuerische Gem<strong>ein</strong>devorsitzende, M<strong>ein</strong>ungsbe<strong>ein</strong>flusser, hiesigeKulturpersönlichkeiten, Volksvertreter, die von hier ins Parlament gewählt wurden,Arbeitsmarktschefs.Goethes Faust und die ganze Personengalerie der Sage. Ich habe geglaubt, Begemontzu sehen, wie er mit der Frau des Befehlshabers der Artillerie unseres Wehrkreises tanzte. Ichhabe ihn an dem schwarzen Schwanz erkannt, dessen weiße Spitze unter dem Frackhervorblickte. – Was machen wir, wenn diese Gestalten aus Goethes Phantasie hier solchesveranstalten wie in Leipzig, St. Petersburg und Moskau, Nürnberg und München. Wenn sieSie und ihren wirklichen Herrn abschaffen, den, der k<strong>ein</strong>en Namen hat, aber dessen GesichtSie und ich aus der Kehrseite des Gottesbildes erkennen.Der Gesandte erschrak genauso wie ich. Er verstand, was wirklich passieren wird, fallsund wenn tatsächlich die Gestalten der menschlichen Phantasie anfangen, lebendiger in unszu leben als Gott oder Teufel, mit ihren Partnern, Heiligen und Kl<strong>ein</strong>teufeln.So lange wie der wirkliche Teufel herrschte, funktionierte das System gut: Menschenwurden gezeugt als Nebenprodukte der Ausübung der Leidenschaft, wurden geboren, undwuchsen als Bürger des Reichs des Bösen auf, dienten dem Guten und dem Bösenneben<strong>ein</strong>ander, je nach dem wie diese jeweils das Tun des Menschensäugetiers steuerten. Abund zu übergab Gott den Menschen in die Hände des Teufels, und dieser ließ ihn tanzen wie<strong>ein</strong>e Puppe bis es ihm langweilig wurde, und er die Lebensfäden wieder Gott überließ.Puppentheater, das war es doch; wenn Gott den Menschen tanzen ließ, baute dieserKirchen, verkündete Frieden und rüstete für den Krieg, schloss Abkommen und schwor <strong>ein</strong>Eid nach dem anderen, wie er am besten s<strong>ein</strong>en Nächsten betrügen könnte, beneidete denErfolg des Nachbarn und wollte für sich <strong>ein</strong>en Teil von dem Glück und dem Frieden, den derNachbar hatte erreichen können.So <strong>ein</strong> närrisches Spiel duldete auch Gott nicht lange, er übergab die Fäden demTeufel, und der Mensch fühlte sich befriedigt, weil er wieder rauben, betrügen, umbringenkonnte – im Namen Satans!Das Roulette dreht sich,Menschen werden geboren und sterben, <strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>e Zufriedenheit herrscht.Das Manuskript wird befolgt.Aber Goethes Faust und Mefisto. Niemand kann ihre Taten vorhersehen. Sie sind <strong>ein</strong>unerwartetes Gefahrenmoment, wo auch immer sie auftreten.Faust und Mefisto leben in den Tiefen des Menschen – <strong>ein</strong>es jeden von uns – inVerlagerungen, irgendwo im Froschlaich des Gehirns, und wir erkennen selbst nicht, was fürGauner, Träger der Sünde der Erkenntnis, als unsere Mieter dort hausen.Nun wollen sie den Platz des Hausherrn übernehmen.Der Gesandte und ich haben im selben Sechzigstel <strong>ein</strong>er Sekunde, als hätte <strong>ein</strong> strahlenderBlitz <strong>ein</strong>geschlagen, die ganze Wahrheit begriffen. Die Herren Gutgott und Bösteufel, jetzthaben Sie es gehört und gesehen!380

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