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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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sich allerdings nicht als schuldig, für ihn ist es zumeist die Umgebung, die schuldig ist, diedem Genie nicht gewachsen ist.Diesen Wesenszug <strong>ein</strong>es Künstlers zeigt das Beispiel des Dichters Posinsky: s<strong>ein</strong>e Frau bringtsich um, um dem genialen Gatten s<strong>ein</strong>e künstlerische Freiheit und Schaffenskraftwiederzugeben. 730 Posinsky zeigt in der Öffentlichkeit k<strong>ein</strong>e Regung, sondern ist vielmehr derAnsicht, dass s<strong>ein</strong>e Frau dadurch, dass sie sich tötet, ihn erst recht besitzt. 731 Er sieht sichimmer als Opfer. Diese s<strong>ein</strong>e Ansicht will er Göran auch verdeutlichen:”Döda du kravet, som du går omkring och släpar på! Din idealism är en sjuka, vräk digi smutsen, svensk! Du måste genom synden, ser du, du hittar inte Gud förr.”Någon ropar. ”Posinsky, du har en flicka här.””Vänta, jag måste först bevisa den här, att Gud existerar. Smutsen, eländet, synden, detär gudsbeviset, svensk. Har du mördat? Blod, det renar, ser du? Varför tittar du så påmig?“ 732Dieser Ansatz des Dichters klingt bekannt. Blut vergießen und morden soll r<strong>ein</strong>igend wirken?In sehr vielen deutschen Faust-Werken, die oben analysiert wurden, gibt es dieses Motiv desMordens als <strong>ein</strong> „teuflisches Gelüst“. Nach wie vor liegt es dem Teufel nahe, den Menschenzur Schuld zu führen, sei es durch sexuelle Verführung, die früher als schlimmer <strong>ein</strong>gestuftwurde als im 20. Jahrhundert, oder durch Blutvergießen, was auch in der heutigenGesellschaft als „unmoralisch“ und verwerflich gilt. So mordet beispielsweise Goethes FaustGretchens Bruder Valentin und macht sich mitschuldig am Tod von Gretchens Mutter undvon dem alten Ehepaar Philemon und Baucis. Grabbes Faust tötet Donna Anna, da er sie nicht„bekommen“ kann, um zu verhindern, dass jemand anders sie bekommt. Und mitMordsgelüsten lockt auch Lenaus Mephistopheles, der s<strong>ein</strong>em Faust vorgaukelt, bevor man730 S. 265, [Fru Posinsky:] „Han talar bara om döden, han hör dödsklockorna om nätterna. Han kan inte sova,han går fram och tillbaka med fiolen i handen. Han är slut, säger han, och kan inte skriva mer. Och jag vet, attdet är jag, som är skulden. Jag är ett band bara.” […] Hon sänker rösten, nu talar hon för sig själv. „Det finns ettmedel bara. Ett medel bara. Men jag är så feg. Så olyckligt feg.“Übers.: [Frau Posinsky:] „ ‚Er spricht nur vom Tod, er hört Todesglocken in der Nacht. Er kann nicht schlafen,er geht hin und her mit s<strong>ein</strong>er Geige in der Hand. Er ist zu Ende, sagt er, und kann nicht mehr schreiben. Und ichweiß, dass ich schuld bin. Ich bin nur <strong>ein</strong>e Last.’ […] Sie senkt ihre Stimme, jetzt spricht sie zu sich selbst. ‚Esgibt nur <strong>ein</strong> Mittel. Nur <strong>ein</strong> Mittel. Aber ich bin so feige. So unglücklich feige.’ ”Einige Seiten später (S. 267) kommt <strong>ein</strong>er der Künstler her<strong>ein</strong> und teilt der versammelten Gesellschaft mit, dassFrau Posinsky sich umgebracht hat: „Fru Posinsky har begått självmord. Tagit in gift.” […] ”Hon har skrivit ettbrev, jag har själv läst det. Hon offrar sig, för att mannen skall bli fri, för att han skall skriva sitt stora verk.”Übers.: „Frau Posinsky hat Selbstmord begangen. Hat Gift <strong>ein</strong>genommen.“ […] „Sie hat <strong>ein</strong>en Briefgeschrieben, ich habe ihn selbst gelesen. Sie opfert sich, damit der Mann frei werden kann, damit er s<strong>ein</strong> großesWerk schreiben kann.“731 Siehe S. 270: „Beklagar du henne? Men det är jag som är offret. Hon ville äga mig, nu äger hon mig.“ Übers.:„Beklagst du sie? Aber ich bin doch das Opfer. Sie wollte mich besitzen, jetzt besitzt sie mich.“732 S. 270, Übers.: „ ‚Töte du den Anspruch, den du mit dir herumschleppst! D<strong>ein</strong> Idealismus ist <strong>ein</strong>e Krankheit,schwelge im Schmutz, Schwede! Du musst durch die Sünde, siehst du, vorher findest du Gott nicht.’ Jemandruft. ‚Posinsky, du hast <strong>ein</strong> Mädchen hier.’ ‚Warte, zuerst muss ich diesem hier beweisen, dass Gott existiert.Schmutz, Elend, Sünde, das ist der Gottesbeweis. Hast du gemordet? Blut, das r<strong>ein</strong>igt, siehst du. Warum siehstdu mich so an?’ “232

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