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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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und insistenten Betreiben der Alchimisten und Schwarzkünstler von ehemals, das auchim Zeichen der Theologie stand, zugleich aber in dem der Emanzipation undAbtrünnigkeit, - sie war Abtrünnigkeit, nicht vom Glauben, das war garnicht möglich,sondern im Glauben; Abtrünnigkeit ist <strong>ein</strong> Akt des Glaubens, und alles ist undgeschieht in Gott, besonders auch der Abfall von ihm. (DF, 177)Vorformuliert findet sich hier bereits <strong>ein</strong> Erklärungsversuch s<strong>ein</strong>es späteren Verhaltens. Das„Laborieren“ mit den mathematischen Zahlen und mit den musikalischen Regeln warLeverkühn immer wichtiger geworden. Nun fand er sich im Musikstudium wieder, in dem ers<strong>ein</strong>e Kenntnisse vertiefen konnte und sich auf <strong>ein</strong>em neuem Wege ausdrücken konnte.Wegen s<strong>ein</strong>er „inneren Kälte“ sah er sich nicht für <strong>ein</strong>e Solisten- oder Dirigentenkarrierebestimmt, denn das ewige Im-Rampenlicht-Stehen, von Menschen bewundert werden, bekamihm nicht. 528 Es bleibe ihm also „die Musik als solche, die Versprechung und Verlobung mitihr, das hermetische Laboratorium, die Goldküche, die Komposition“ (DF, 178). LeverkühnsBestreben ist, Neues zu schaffen, in die schöpferisch-musikalische Tätigkeit <strong>ein</strong>zusteigen, daihm die inneren Voraussetzungen für <strong>ein</strong>e Laufbahn als darstellender Künstler fehlen.Die Musiklehre besteht aus vielen vorbestimmten Vorschriften und Regeln, die beachtetwerden müssen, wenn <strong>ein</strong> neues musikalisches Werk erschaffen wird. Das Regelwerk lockertsich allerdings mit der Zeit – die Generalbass-Regeln der Barockmusik sind beispielsweisebereits bei Mozart überschritten und teilweise überholt worden, wenn auch die wichtigstenHarmonieregeln bei der tonalen Musik bestehen geblieben sind. Adrian Leverkühn ist mit denihm gesetzten Grenzen in dieser musikalischen Hinsicht nicht glücklich. Jede neueKomposition nach diesem Regelwerk wiederholt bloß das bereits geschaffene. Er bewunderteKomponisten wie Fréderic Chopin, der laut Leverkühn <strong>ein</strong> „ironisches Verhältnis zurTonalität“ (DF, 193) hatte, der also mit dem Regelwerk spielte, und sich am Rande dertonalen Musik bewegte. Es lag nahe, dass Leverkühn dieses Spielerische sehr aufmerksamaufnahm, und gern noch <strong>ein</strong>en Schritt weiter gehen wollte. Die Intelligenz und diemusikalisch-mathematische Begabung besaß er, aber es fehlte ihm nach eigenen Worten an„robuste[r] Naivetät“, die „unter anderem, und nicht zuletzt, zum Künstlertum gehör[t]“ (DF,179). Diese „robuste Naivetät“ heißt hier nichts Anderes als die künstlerische Inspiration. Undeben aufgrund dieses Mangels in s<strong>ein</strong>em Wesen wird Leverkühn letztendlich verletzbar. Er528 DF, 178: „Dazu [zum Solistentum] gehörten seelische Voraussetzungen, sagte er, die bei ihm nicht erfülltseien: das Verlangen nach Liebesaustausch mit der Menge, nach Kränzen, nach Katzenbuckelei und Kußhändenim Beifallsgeprassel. – Er vermied die Ausdrücke, die eigentlich die Sache bei Namen genannt hätten, nämlichdaß er, selbst wenn er nicht zu spät daran gewesen wäre, zu schamhaft, zu stolz, zu spröde, zu <strong>ein</strong>sam fürsVirtuosentum sei. Dieselben Gegengründe, fuhr er fort, ständen <strong>ein</strong>er Laufbahn als Dirigent im Wege. Sowenigwie zum Instrumental-Gaukler fühle er sich zum stabführenden Frack-Primadonna vor dem Orchester, zuminterpretierenden Botschafter und Gala-Repräsentanten der Musik auf Erden berufen.“155

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