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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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ewusst ist, dass er dadurch selbst das Todesurteil über sich fällt. Es gibt hier k<strong>ein</strong>enPaktpartner, der zusammen mit Faust oder für ihn das Paktzeichen, den Stab, zerbricht. DerSelbstmord Fausts am Ende des Chamissoschen Faust-Dramas ist so gesehen also <strong>ein</strong>elogische Folge des selbst <strong>ein</strong>gerichteten Paktes: Er zerbricht den Stab selbst und bringt sichselbst um. 375Faust hat <strong>ein</strong>en freien Willen 376 , sich für Rettung oder Destruktion zu entscheiden, obwohl erdiese Freiheit selbst bestreitet.FAUST: Wir müssen wollen, ja, wir müssen! - müssen?Nicht frei denn?[…]FAUST: So wähl’ ich denn, nicht frei, das eigne Weh.GUTER GEIST: Faust! Handle glaubend, wie du frei dich fühlest.FAUST: N<strong>ein</strong>, n<strong>ein</strong>! Ich bin nicht frei, ich will’s nicht s<strong>ein</strong>.[…] N<strong>ein</strong>, ich bin nicht frei;Ein ehrnes Schicksal waltet über mir.Und unaufhaltsam reißt es mich dahin,Und eisern fällt und trifft das grause Los. 377Faust fühlt sich unfrei. Er beschuldigt Gott, weil dieser ihn zu neugierig geschaffen habe, nunaber nicht zulasse, dass diese Neugierde befriedigt werde. Gott habe Faust also in dieUngewissheit gebannt: „Statt s<strong>ein</strong> Motiv und s<strong>ein</strong> Erkenntnisvermögen zu kritisieren, pocht er[Faust] auf die Feststellung, die Diskrepanz zwischen dem vom ‚Allerschaffer’ mitgegebenenErkenntnisvermögen und tatsächlicher Erkennbarkeit von Sachverhalten rechtfertige all<strong>ein</strong>schon die Frage nach der Schuld Gottes.” 378 Dadurch, dass Faust Gott die Schuld an s<strong>ein</strong>erErkenntnisbeschränktheit gibt, will er sich von Gottes „Bann” lösen. Ihm ist nicht wichtig, ober dafür verdammt wird oder nicht, interessant für ihn ist all<strong>ein</strong> die Möglichkeit, eventuellneue Erkenntnisse durch die „bösen” Kräfte gewinnen zu können.375 Diesen Aspekt berücksichtigt Schwann (1984) nicht; in s<strong>ein</strong>er Analyse wird Fausts Selbstmord als <strong>ein</strong>e Tatangesehen, zu der der böse Geist Faust gelockt hat, als <strong>ein</strong>e weitere Versuchung also: „Dadurch, daß Faust dieMöglichkeit des Selbstmords wahrnimmt, erfüllt er die vom „bösen Geist” gehegte Erwartung auf beschleunigteIch-Zerstörung.” (S. 150). Schwann berücksichtigt somit weder die metaphorische Bedeutung des Stabs noch dieTatsache, daß Faust ihn selbst zerbricht. Dies wird Schwanns Interpretation des Chamissoschen Fausts am Endezu <strong>ein</strong>em anderen Schlußergebnis führen als zu dem, was m<strong>ein</strong>e Analyse zeigen wird.376 Siehe hierzu auch Schwann: Vom ‚Faust’ zum ‚Peter Schlemihl’. S. 109: „Der menschliche Wille ist dieserAuffassung zufolge, die Fichte und Chamisso teilen, in s<strong>ein</strong>en Wirkungsmöglichkeiten zwar <strong>ein</strong>geschränkt, abernicht vollends suspendiert. Es steht ihm frei, das Gute wie das Böse zu wählen.”377 Faust. – Ein Versuch, S. 406, 410. Hervorhebungen M.S-S.378 Schwann: Vom ‚Faust’ zum ‚Peter Schlemihl’. S. 117.104

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