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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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und tragischen seelisch-sinnlichen Liebesleidenschaft.” 414 Hier geht es um echteLiebesgefühle, k<strong>ein</strong>e flüchtige Eroberung. Doch verweilen kann Faust bei Gretchen nicht; siestirbt und Faust muss mit Mephisto weiter.Ähnlich ergeht es ihm mit Helena: Zunächst soll Faust sie nur hervorzaubern als Beweis fürs<strong>ein</strong>e Fähigkeiten. Er verliebt sich aber so sehr in die Ersch<strong>ein</strong>ung, dass er das „Unmögliche”begehrend Helena als wirkliche Frau haben will, nicht bloß als Ersch<strong>ein</strong>ungsbild. „Helena warfür ihn [Faust] der Inbegriff aller Schönheit und Kunst, darüber hinaus aber auch Symbol allerschöpferischen, produktiven Kraft im Menschen, aller zeitüberlegenen, klassischenKultur.” 415 Da Helena etwas Schöpferisches und Produktives darstellt, muss die Liebe zu ihrauch schöpferisch und produktiv s<strong>ein</strong>, also im Sinne des Herrn in Goethes Werk durchauserstrebenswert und „gut”. Mit Helena lebt Faust in <strong>ein</strong>em Augenblick und genießt s<strong>ein</strong> Leben,s<strong>ein</strong>e Liebe zu ihr ist echt, nicht bloße Sinneslust. Ein wirkliches Verweilen in demLiebesaugenblick mit Helena kann es jedoch auch nicht geben, schließlich existiert dieBeziehung zu ihr nur in der „Zauberwelt” der Antike.Für Faust sind Wissen, Liebe und Genuss gleichwertige Teile s<strong>ein</strong>es Strebens; durch all dieseBereiche will er das Unerreichbare, das Unmögliche erreichen. So wird der BeweggrundFausts für den Teufelspakt deutlich: auf der Suche nach <strong>ein</strong>em erfüllten Das<strong>ein</strong>, nach demhöchsten Augenblick, gesellt er sich zu Mephistopheles, zu dem „stets vern<strong>ein</strong>enden” 416Geist. Er glaubt zwar nicht, <strong>ein</strong>en solchen Augenblick je erreichen zu können. Mehr als dasgeht es ihm darum, ständig in Bewegung zu s<strong>ein</strong>. Er will weder erstarren noch in Ruhe dasbisher Erreichte genießen. Darin wird der Grundkonflikt Fausts deutlich: „was nur Station, ander die Lebensfahrt vorübereilt, ist, das soll ewig währen [der höchste Augenblick], weil derWunsch es will. Jedoch dem Wunsch entgegen steht die Forderung, die dieser MenschFaust in sich trägt: daß er fortschreite.” 417 Liebe, Glück, Ruhm und Macht sind zwar für Fausterstrebenswerte Dinge, aber sie können ihn nicht befriedigen, und sind deshalb auch k<strong>ein</strong>eBeweggründe für den Teufelspakt.Goethes Faust - anders als die Faust-Gestalten vor Goethe - ruft in s<strong>ein</strong>er innerenVerzweiflung nicht sofort die höllischen Geister, sondern er beschaut das Zeichen des414 Lukács: Faust und Faustus. S. 171.415 Emrich: Das Rätsel der ‘Faust-II’-Dichtung. In: Keller (Hrsg.): Aufsätze zu Goethes Faust II. S. 38f.416 Goethe: Faust I, V. 1338: „Ich bin der Geist der stets vern<strong>ein</strong>t!“417 Daur: Faust und der Teufel. S. 64.114

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