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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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3. Die Entwicklung von der historischen Faust-Gestalt zumSagenheldenFaust stirbt, liegt gräßlich da, gilt als Paktierer: das ist die Situation von 1540. Manweiß nichts über ihn; aber man weiß, daß er mit dem Teufel im Bunde gestandenhaben muß. Eine Biographie ist zu Ende, von der nahezu nichts bekannt ist außer demfuriosen Finale. Ein neues Leben beginnt: <strong>ein</strong> bengalisch illuminiertes Leben, <strong>ein</strong>Leben in der Erzsünde, <strong>ein</strong> Leben voller Warnung und voller Faszination. Weil mannichts weiß über den Umgekommenen, schneidert man ihm <strong>ein</strong>e neue Vita, und manschneidert auf Maß. Die Stoffe holt man sich, wo man sie findet; man ist nicht sehrwählerisch dabei. Was paßt, wird herbeigeholt; und es paßt vieles. 52Wie im vorigen Kapitel festgestellt, war der historische Faust Astrologe und Magier. In derReformationszeit galten alle „Wunder”, die nicht im Namen Gottes ausgeführt wurden, alsTeufelswerk. Aus diesem Grund kam auch Faust sehr schnell, bereits bei s<strong>ein</strong>en Zeitgenossen,in den Ruf <strong>ein</strong>es Teufelsbündlers. Für die Reformatoren, u.a. Luther, Melanchthon undManlius, war Faust <strong>ein</strong> gutes Beispiel <strong>ein</strong>es „schlechten” Menschen. Da er sowieso im Volkbekannt und berühmt war, bot es sich an, alle „teuflischen“ Taten ihm zuzuschreiben. „Lutherund Melanchthon interessierten sich nicht für die Gestalt des Faustus. Ihnen diente diebeiläufige Erwähnung <strong>ein</strong>es vermutlich nur vom Hörensagen her bekannten Mannes zurVeranschaulichung ihrer Ansichten.” 53 In Luthers Tischgesprächen kommen tatsächlich vieleGeschichten von „Kaucklern“ oder „Zauberern“ vor, die zwar nicht Faust heißen, aber derenGeschichten später im „Volksbuch“, in der Historia von D. Johann Fausten wieder zu findensind, nun auf Faust angepasst und zurechtgeschnitten. Unter anderem das HervorzaubernAlexanders des Großen im Hof des Kaisers (Maximilian I), tritt als Kapitel 33 im Volksbuchspäter auf, diesmal allerdings „aktualisiert“ und lokal an den Hof des Sohnes, Karl V,versetzt. Ebenso kommt die Geschichte <strong>ein</strong>es Mannes vor, der <strong>ein</strong>en Bauer mit Pferd undWagen gefressen habe, dies in der Historia als Kapitel 36. 54Die Sagenbildung über Faust hat schon zu s<strong>ein</strong>en Lebzeiten <strong>ein</strong>gesetzt. Die oben genanntenTischgespräche Luthers stammen aus dem Jahr 1537, also drei Jahre vor dem Tod deshistorischen Faust. Von diesen Aussagen an beginnt die Phase der Sagenbildung, die dann imJahre 1587 in der Entstehung des bereits erwähnten Volksbuchs, der Historia kulminiert.Günter Mahal hat verschiedene Stufen der Sagenbildung, angefangen von dem Philosophen52 Mahal: Faust-Museum Knittlingen. S. 30.53 Baron: Faustus. Geschichte, Sage, Dichtung. S. 64. Ein negativer Zusammenhang zu den katholischenHeiligenlegenden ist hier festzustellen, in denen auch nur das Zweckdienende zum Ausdruck gebracht wurde,und alles Weitere unwichtig war – Faust als „Antilegende“ eben, auch für die protestantische Seite.54 Siehe Anhang der Historia von D. Johann Fausten-Ausgabe von Reclam.26

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