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Offene Tore 2000 - Orah.ch

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OFFENE TORE: Jahrbu<strong>ch</strong> <strong>2000</strong> 35<br />

Morgenröte (aurora WCR 571) ist im Mens<strong>ch</strong>en die Wiedergeburt und ganz das Werk<br />

des Herrn, denn kein Mens<strong>ch</strong> hat die Ma<strong>ch</strong>t, die Sonne aufgehen zu lassen.<br />

Dur<strong>ch</strong> die Verlagerung der Re<strong>ch</strong>tfertigung in das Gebiet des bloßen Glaubens wurde die<br />

Religion aus der Kir<strong>ch</strong>e entfernt. Denn "alle Religion ist eine Angelegenheit des Lebens<br />

und ihr Leben besteht im Tun des Guten." (LL 1). Daher verwundert es uns ni<strong>ch</strong>t, dass<br />

infolge dieser Hinausbeförderung nun ausserkir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Religiosität entsteht und die leeren<br />

Kir<strong>ch</strong>en, abgesehen von ein paar lei<strong>ch</strong>enblassen Re<strong>ch</strong>tfertigungspredigten, ihrer<br />

Aufgabe als Sozialamt na<strong>ch</strong>kommen in der Meinung, das Rei<strong>ch</strong> Gottes sei primär eine<br />

gere<strong>ch</strong>te Weltordnung.<br />

Die Anhänger der Re<strong>ch</strong>tfertigung allein dur<strong>ch</strong> den Glauben berufen si<strong>ch</strong> auf Paulus. Zu<br />

untersu<strong>ch</strong>en wäre, ob dem ein ri<strong>ch</strong>tiges Paulusverständnis zugrunde liegt. Eine sol<strong>ch</strong>e<br />

Untersu<strong>ch</strong>ung muss hier aus vers<strong>ch</strong>iedenen Gründen unterbleiben. Do<strong>ch</strong> die folgenden<br />

Hinweise will i<strong>ch</strong> geben. Römer 3,28, eine Aussage, der in der Reformationszeit eine<br />

zentrale Bedeutung zukam, lautet in der Übersetzung von Martin Luther: "So halten wir<br />

es nu / dass der Mens<strong>ch</strong> gere<strong>ch</strong>t werde / ohn des Gesetzes Werk / alleine dur<strong>ch</strong> den<br />

Glauben." 32 Im grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Urtext ist das Wört<strong>ch</strong>en "alleine" ni<strong>ch</strong>t zu finden; Luther<br />

hat es offenbar als einen verdeutli<strong>ch</strong>enden Zusatz im Sinne seines Verständnisses dieser<br />

Stelle hinzugefügt. In EO 417 beri<strong>ch</strong>tet Swedenborg von einem Konzil in der geistigen<br />

Welt. Den Ausführungen kann man entnehmen, dass Paulus unter "den Werken<br />

des Gesetzes" wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> "die Werke des mosais<strong>ch</strong>en Gesetzes für die Juden" verstanden<br />

hat, also das Kultgesetz, die Bestimmungen der vorbildenden Kir<strong>ch</strong>e. Die Meinung<br />

des Paulus wäre demna<strong>ch</strong> in etwa so zu ums<strong>ch</strong>reiben: Der Mens<strong>ch</strong> wird von nun<br />

an ohne die Befolgung der kultis<strong>ch</strong>en Vors<strong>ch</strong>riften der Thora gere<strong>ch</strong>t, und zwar dur<strong>ch</strong><br />

das lebendige und tatkräftige Vertrauen auf das Heilswirken Christi. EO 417 bietet für<br />

ein no<strong>ch</strong> zu entwickelndes Paulusverständnis der neuen Kir<strong>ch</strong>e insgesamt sehr interessante<br />

Textbeoba<strong>ch</strong>tungen.<br />

Abs<strong>ch</strong>ließend ein Wort Martin Luthers. In der geistigen Welt bespra<strong>ch</strong> er si<strong>ch</strong> mit Swedenborg<br />

und bekannte seinen Irrtum mit den Worten: "Wundert eu<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t, daß i<strong>ch</strong><br />

mi<strong>ch</strong> auf den allein re<strong>ch</strong>tfertigenden Glauben warf und die tätige Liebe ihres geistigen<br />

Wesens beraubte, den Mens<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> allen freien Willen in geistigen Dingen abspra<strong>ch</strong><br />

und derglei<strong>ch</strong>en mehr, was von dem einmal angenommenen Grundsatz des bloßen<br />

Glaubens abhängt wie der Haken von der Kette. Es war nämli<strong>ch</strong> mein Ziel, von den Römis<strong>ch</strong>-Katholis<strong>ch</strong>en<br />

loszukommen, und dies ließ si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t anders bewerkstelligen und<br />

aufre<strong>ch</strong>terhalten. I<strong>ch</strong> wundere mi<strong>ch</strong> deshalb gar ni<strong>ch</strong>t, daß i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> verirrte, sondern<br />

nur, daß ein Verrückter viele andere zu Verrückten ma<strong>ch</strong>en konnte." (WCR 796).<br />

32 Zitiert na<strong>ch</strong>: Das Neue Testament Deuts<strong>ch</strong> von D. Martin Luther. Ausgabe letzter Hand 1545/46. Unveränderter<br />

Text in modernisierter Orthographie. Stuttgart: Deuts<strong>ch</strong>e Bibelgesells<strong>ch</strong>aft, 1982.

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