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Offene Tore 2000 - Orah.ch

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OFFENE TORE: Jahrbu<strong>ch</strong> <strong>2000</strong> 96<br />

Sein Medizinstudium finanzierte er si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Übersetzen von pharmazeutis<strong>ch</strong>er, <strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>er<br />

und medizinis<strong>ch</strong>er Literatur. Alle fremdspra<strong>ch</strong>ige Fa<strong>ch</strong>literatur ging damals<br />

dur<strong>ch</strong> seine Hände und so erlangte er s<strong>ch</strong>on in frühen Jahren das größte fa<strong>ch</strong>übergreifende<br />

Wissen seiner Zeit.<br />

Zehn Jahre später, 1790, ließ er si<strong>ch</strong> das erste Mal als praktis<strong>ch</strong>er Arzt nieder. Er bemerkte<br />

allerdings s<strong>ch</strong>on bald eine große Unsi<strong>ch</strong>erheit im Umgang mit den Patienten,<br />

obwohl er über ein großes medizinis<strong>ch</strong>es Wissen verfügte. Er spürte, daß es an allgemeingültigen<br />

Gesetzen zur Behandlung von Kranken fehlte. Wie konnte er si<strong>ch</strong>er sein,<br />

einem Patienten ni<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> mehr zu s<strong>ch</strong>aden? Wie konnte er wissen, ob er einen kranken<br />

Mens<strong>ch</strong>en wirkli<strong>ch</strong> zu größerer Gesundheit, oder ob er ihn nur in no<strong>ch</strong> größeres<br />

Leid führte? Wo waren die Ri<strong>ch</strong>tlinien zur Behandlung von kranken Mens<strong>ch</strong>en?<br />

Es gab so viele unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Meinungen zur Behandlung der vers<strong>ch</strong>iedenen Krankheiten.<br />

Jede Fakultät hielt nur ihre Therapie für die heilbringende. Versammelten si<strong>ch</strong><br />

fünf Ärzte um ein Krankenbett, so gab es fünf Diagnosen und fünf Therapien. Das konnte<br />

ni<strong>ch</strong>t die wahre Heilkunde sein. Eine Heilung darf ni<strong>ch</strong>t von Meinungen abhängen.<br />

Wel<strong>ch</strong>er Meinung und wel<strong>ch</strong>em Arzt sollte er sein Vertrauen s<strong>ch</strong>enken? Es mußte do<strong>ch</strong><br />

ein allgemeingültiges Gesetz zur Heilung von kranken Mens<strong>ch</strong>en geben! Solange dieses<br />

ni<strong>ch</strong>t gefunden war, solange wollte er keinen Patienten mehr anfassen. S<strong>ch</strong>on ein Jahr<br />

später, 1791, hängte er deshalb seinen Arztkittel an den Nagel. Ab jetzt versu<strong>ch</strong>te er,<br />

seine Frau Henriette und die stetig ansteigende Kinderzahl mit Übersetzertätigkeiten<br />

mehr s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t als re<strong>ch</strong>t zu ernähren.<br />

1790 mußte er ein Werk des Engländers Cullen übersetzen, der u. a. bes<strong>ch</strong>rieb, wie<br />

man We<strong>ch</strong>selfieber mit Chinarinde erfolgrei<strong>ch</strong> heilen konnte. Cullen erklärte den heilsamen<br />

Einfluß auf das We<strong>ch</strong>selfieber dur<strong>ch</strong> die "magenstärkende Wirkung" der Chinarinde.<br />

Darüber wunderte si<strong>ch</strong> Hahnemann sehr, denn er kannte viele Substanzen, die<br />

no<strong>ch</strong> viel kräftiger auf den Magen einwirkten, aber keinerlei Einfluß auf das We<strong>ch</strong>selfieber<br />

zeigten. Dies konnte also ni<strong>ch</strong>t das Wirkprinzip sein. Es mußte etwas in der Chinarinde<br />

geben, das direkt auf das Fieber einwirkte. Er überlegte, wie man wohl die heilsame<br />

Wirkung der Chinarinde ergründen könnte, ohne auf Spekulationen angewiesen<br />

zu sein.<br />

Da bekam er einen göttli<strong>ch</strong>en Einfall: "Was passiert wohl, wenn ein Gesunder die glei<strong>ch</strong>e<br />

Menge Chinarinde einnimmt, die Cullen als heilsam bei We<strong>ch</strong>selfieber bes<strong>ch</strong>rieben<br />

hat? Um die Wirkungen einer Arznei zu erfors<strong>ch</strong>en, ist es wohl das Beste, sie als Gesunder<br />

einzunehmen!" Um also der Wahrheit ein wenig näher zu kommen, nahm er -<br />

trotz des gesundheitli<strong>ch</strong>en Risikos - die Chinarinde in der Dosierung ein, wie sie Cullen<br />

als heilsam bei We<strong>ch</strong>selfieber empfahl.

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