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Offene Tore 2000 - Orah.ch

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OFFENE TORE: Jahrbu<strong>ch</strong> <strong>2000</strong> 68<br />

Martin Walser: "Man kann ni<strong>ch</strong>t über das reden, was der Spra<strong>ch</strong>e entspri<strong>ch</strong>t oder ni<strong>ch</strong>t<br />

entspri<strong>ch</strong>t, ohne Emanuel Swedenborg zu nennen. Er ist der erfahrungsrei<strong>ch</strong>ste und lebendigste<br />

Dur<strong>ch</strong>denker dieses Zusammenhangs. 'Die ganze natürli<strong>ch</strong>e Welt', s<strong>ch</strong>reibt<br />

Swedenborg, 'entspri<strong>ch</strong>t der geistigen; daher nennt man alles, was in der natürli<strong>ch</strong>en<br />

Welt aus der geistigen entsteht, etwas Entspre<strong>ch</strong>endes.' 'Der Mens<strong>ch</strong>, wel<strong>ch</strong>er Himmel<br />

und Welt in kleinster Gestalt ist, hat sowohl die geistige, wie die natürli<strong>ch</strong>e Welt in<br />

si<strong>ch</strong>.' 'Was daher in seiner natürli<strong>ch</strong>en Welt … dur<strong>ch</strong> seine geistige Welt … bewirkt wird,<br />

nennt man etwas Entspre<strong>ch</strong>endes.' Die Ursa<strong>ch</strong>e-Wirkungsfolge ist bei Swedenborg eindeutig:<br />

von innen na<strong>ch</strong> außen. Die Bibel, sagt er, sei 'in lauter Entspre<strong>ch</strong>ungen ges<strong>ch</strong>rieben;<br />

jedes Wort darin bedeutet eine Entspre<strong>ch</strong>ung'. Er sei vom Himmel belehrt<br />

worden, 'daß die Diener der ältesten Kir<strong>ch</strong>e auf Erden, wel<strong>ch</strong>e Mens<strong>ch</strong>en des Himmels<br />

waren, nur in Entspre<strong>ch</strong>ungen geda<strong>ch</strong>t haben, wobei ihnen die natürli<strong>ch</strong>en Dinge der<br />

Welt, die sie vor Augen hatten, als Ausdrucksmittel dienten; deshalb gehörten sie zu<br />

den Engeln und redeten mit ihnen, und so waren Himmel und Welt dur<strong>ch</strong> sie verbunden'.<br />

Dann seien die Mens<strong>ch</strong>en 'allmähli<strong>ch</strong> äußerli<strong>ch</strong> geworden und s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> ganz<br />

materiell, worauf die Lehre von den Entspre<strong>ch</strong>ungen verlorengegangen sei ...' Das ist<br />

eine Spra<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Religion. Die ist aber unsere Ausdrucksspra<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>thin.<br />

Hergebeten habe i<strong>ch</strong> Swedenborg, weil er unser Inneres, Geist und Seele oder Wasau<strong>ch</strong>immer,<br />

so ganz und gar zum Ausdrucksursprung des Spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en gema<strong>ch</strong>t hat. Aber<br />

gegeben hat es das, sagt er, nur in einem Golden genannten Zeitalter, als die Mens<strong>ch</strong>en<br />

no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t, wie Swedenborg sagt, 'si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Selbstliebe und Weltliebe vom Himmel<br />

entfernt haben'. Dana<strong>ch</strong> werden die Dinge von 'Entspre<strong>ch</strong>ungen' zu 'Ers<strong>ch</strong>einungen',<br />

die Spra<strong>ch</strong>e fängt an, si<strong>ch</strong> selber zu entspre<strong>ch</strong>en. Notgedrungen. Selbstbezogenheit, das<br />

ist jetzt ihre Eigens<strong>ch</strong>aft. Je nötiger Gott wäre, um so deutli<strong>ch</strong>er wird jetzt, daß er aus<br />

ni<strong>ch</strong>ts bestehe als aus Spra<strong>ch</strong>e. Statt etwas haben wir Wörter. S<strong>ch</strong>on Jakob Böhme konnte<br />

ni<strong>ch</strong>t umhin, seine Figur so ins Wörtli<strong>ch</strong>e treiben zu lassen: '... und dur<strong>ch</strong> seinen<br />

Mund bei drei Stunden anders ni<strong>ch</strong>t gespro<strong>ch</strong>en, als nur sol<strong>ch</strong>e Worte: Gott, Kot, Gott,<br />

Kot, und si<strong>ch</strong> vor Gott als Kot gea<strong>ch</strong>tet.'<br />

… Swedenborg hatte die seltene Gabe, den Himmel erlebbar zu s<strong>ch</strong>ildern. Bei der Hölle<br />

fällt das lei<strong>ch</strong>ter, die Hölle hat von Dante bis Strindberg erregende Darsteller gefunden.<br />

Swedenborg erzählt, als sei er dabei gewesen, wie die feinste Art Engel, die des innersten<br />

Himmels, wie diese Engel 'die göttli<strong>ch</strong>e Wahrheit' entgegennehmen: 'Diese Engel<br />

vergraben die göttli<strong>ch</strong>en Wahrheiten ni<strong>ch</strong>t in ihrem Gedä<strong>ch</strong>tnis, bilden si<strong>ch</strong> also au<strong>ch</strong><br />

kein Wissen aus ihnen, sondern nehmen sie glei<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dem Hören in si<strong>ch</strong> auf und setzen<br />

sie in Leben um … Anders die Engel im äußeren Himmel; diese prägen si<strong>ch</strong> die<br />

Wahrheiten erst ins Gedä<strong>ch</strong>tnis ein, vers<strong>ch</strong>ließen sie in ihrem Wissen, holen sie später<br />

wieder daraus hervor und vertiefen sie mit ihrem Verstande; sie ri<strong>ch</strong>ten si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> ihnen,<br />

ohne ihre Ri<strong>ch</strong>tigkeit mit der inneren Erfahrung zu prüfen … Merkwürdigerweise

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