Offene Tore 2000 - Orah.ch
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OFFENE TORE: Jahrbu<strong>ch</strong> <strong>2000</strong> 63<br />
2. Das Streben ist die bewegende Kraft in der Natur: Einem philosophis<strong>ch</strong>en Grundsatz<br />
(Axioma philosophicum) zufolge besteht eine Kraft in einem ununterbro<strong>ch</strong>enen Streben<br />
na<strong>ch</strong> Tätigkeit und ist der Anfang der Tätigkeiten und Veränderungen. Daraus folgt, daß<br />
die bewegende Kraft in einem unaufhörli<strong>ch</strong>en Streben na<strong>ch</strong> Veränderung des Ortes besteht.<br />
3. Daß das Streben ohne Bewegung eine tote Kraft ist, folgt au<strong>ch</strong> aus einer der<br />
Wolff's<strong>ch</strong>en Regeln, wona<strong>ch</strong> nämli<strong>ch</strong> eine Kraft tot ist, die nur im Streben besteht, und<br />
eine lebende Kraft mit örtli<strong>ch</strong>er Bewegung verbunden ist. 4. Was den Willen anbelangt,<br />
und zwar den mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en, der von einem vernunftbegabten Geist herkommt, der seinerseits<br />
Quelle der vernunftbegabten Tätigkeit ist, (muß folgendes gesagt werden): Es<br />
gibt au<strong>ch</strong> beseelte Tätigkeiten (actiones animales), die aus einem Willen hervorfließen,<br />
der dem vernunftbegabten Willen ähnli<strong>ch</strong> ist. 5. Daß die Vorsehung ni<strong>ch</strong>t wirkkräftig<br />
gegeben wird, ist aus den Heiligen (S<strong>ch</strong>riften) ersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, denn der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Geist<br />
ist es, der die gesamte göttli<strong>ch</strong>e Ma<strong>ch</strong>t zurückstößt. Man kann aber ni<strong>ch</strong>t sagen, die<br />
Vorsehung sei säumig, nur weil sie ni<strong>ch</strong>t aufgenommen werde. Wie ja au<strong>ch</strong> der Wille<br />
ni<strong>ch</strong>t säumig ist, wenn au<strong>ch</strong> die Tätigkeit no<strong>ch</strong> so sehr ausbleibt.<br />
Regeln: 1. Die erste Klasse nenne i<strong>ch</strong> die natürli<strong>ch</strong>e; die zweite die Klasse der vernunftbegabten<br />
Lebewesen, sie umfaßt au<strong>ch</strong> die sittli<strong>ch</strong>en Gegenstände; und die dritte<br />
nenne i<strong>ch</strong> die Klasse der geistigen oder theologis<strong>ch</strong>en Sa<strong>ch</strong>verhalte. 2. Die erste Materie<br />
(Materia principalis) darf ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> dieselben Begriffe ausgedrückt werden, sondern<br />
dur<strong>ch</strong> andere, einer jeden Klasse eigentümli<strong>ch</strong>e, wie diese: Streben, Wille, Vorsehung.<br />
3. Und zwar dur<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e Begriffe, die beim ersten Hins<strong>ch</strong>auen (primo intuitu) ni<strong>ch</strong>t<br />
dasselbe zu bezei<strong>ch</strong>nen oder darzustellen s<strong>ch</strong>einen. Man begreift nämli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t sofort,<br />
daß der Wille dem Streben und die Vorsehung dem Willen entspri<strong>ch</strong>t; und daß der vernunftbegabte<br />
Geist der Natur und Gott dem vernunftbegabten Geist entspri<strong>ch</strong>t usw. 4.<br />
Die rein natürli<strong>ch</strong>en Begriffe müssen dur<strong>ch</strong> etwas verstandesbezogenere natürli<strong>ch</strong>e Begriffe<br />
erklärt und definiert werden. Aber die Begriffe der vernünftigen Klasse müssen<br />
dur<strong>ch</strong> Begriffe der natürli<strong>ch</strong>en Klasse definiert werden und ebenso die Begriffe der theologis<strong>ch</strong>en<br />
Klasse dur<strong>ch</strong> Begriffe der vernünftigen Klasse. So wird das Streben dur<strong>ch</strong> die<br />
Kraft des Tätigseins definiert, der Wille dur<strong>ch</strong> das Streben des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Geistes<br />
na<strong>ch</strong> Tätigkeit und die Vorsehung dur<strong>ch</strong> den göttli<strong>ch</strong>en Willen na<strong>ch</strong> Wirksamkeit usw.<br />
5. In vielen Fällen darf man dieselben und ähnli<strong>ch</strong>e Begriffe in den einzelnen Klassen<br />
anwenden, andernfalls würde man das Denken allzusehr verdunkeln. Begriffe wie "so<br />
lange", "andauern", "si<strong>ch</strong> fortsetzen", "allein", "ist", "folgt" und "und" sind nämli<strong>ch</strong> keine<br />
wesentli<strong>ch</strong>en Begriffe. Und könnte man sie au<strong>ch</strong> in andere, der jeweiligen Klasse eigentümli<strong>ch</strong>e<br />
umwandeln, so ist es denno<strong>ch</strong> besser die gewohnten Begriffe dem Verständnis<br />
zuliebe beizubehalten. 6. Ferner (darf man) die eine Formel der einen Klasse<br />
(in der anderen Klasse) dur<strong>ch</strong> mehrere Begriffe und dur<strong>ch</strong> Ums<strong>ch</strong>reibung ausdrücken,<br />
wie diese Formel: Das Streben allein ist eine tote Kraft. In den folgenden Klassen heißt