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Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

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es zusammenhalten, wenn auch keinen schönen, so doch einen<br />

eigen gearteten Formensinn.<br />

Der Schrein sowohl wie seine Einfassung sind in <strong>der</strong> Gestalt<br />

ursprünglich und wesentlich unverän<strong>der</strong>t erhalten; daß die<br />

Bemalung ehedem, vielleicht theilweise eine an<strong>der</strong>e gewesen sei,<br />

scheint mir annehmbar; denn obgleich zur Zeit <strong>der</strong> Entstehung<br />

des Denkmals <strong>der</strong> freudige Farbensinn des Mittelalters mit seiner<br />

wohlthuend zusammenklingenden, heitern Pracht sich wenigstens<br />

in seiner Anwendung auf das Gerätbe stark verflüchtigt<br />

hatte, so lag sein Wesen und Wirken doch noch nicht ferne<br />

genug, um ein so trauriges, einförmiges Schwarz, um ein so<br />

kaltes, haßliches Gelb, wie sie sich hier zeigen, für jene Epoche zu<br />

rechtfertigen. Dagegen hat man wie<strong>der</strong>um gewiß bei einer etwaigen,<br />

spateren Erneuerung die vortrefflich gemalten Wappenschil<strong>der</strong><br />

auf beiden Seiten des Deckels verschont, welche die herzoglichen<br />

Embleme von Pommern in <strong>der</strong>artiger Zusammensetzung<br />

und in solch' zierlicher und verhältnißmäßig korrekter Gestalt sehen<br />

lassen, wie sie <strong>der</strong> als eifriger Heraldiker bekannte Herzog Philipp<br />

II. aufgestellt und während seiner Herrschaft zu führen gewohnt<br />

war.<br />

Schlagen wir jetzt die gegen die Nordseite <strong>der</strong> Kirche gewendete<br />

Deckelseite des Schreines zurück.<br />

Da liegt sie lang und starr hingestreckt, die Füße gen<br />

Osten gerichtet — die reckenhaft stattliche Gestalt Herzog Barnims<br />

VI. — die kalte Ruhe des Todes ist über sie ausgegossen<br />

und die unelastische Lage <strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>, die geschlossenen Augen,<br />

die bleiche Stirn, <strong>der</strong> leise, wie von unendlichem Wehe geöffnete<br />

Mund — sie erzählen die schmerzliche Geschichte jener letzten<br />

jammervollen Zeiten, Tage und Stunden, welche <strong>der</strong> Vernichtung<br />

eines in <strong>der</strong> Blüthe seiner Kraft erliegenden Mannesdaseins<br />

vorausgegangen sind.<br />

Die erste Empfindung des Betrachters ist kaum eine wohlthatige<br />

zu nennen; man kann nicht an<strong>der</strong>s glauben, ^s daß<br />

sich ein wirklicher Sarg aufthue und ein wohlerhaltener Leichnam<br />

einem daraus entgegenstarrt. Erst nach einiger Sammlung läßt<br />

sich eine Stimmung gewinnen, ruhig und gefaßt genug, die<br />

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