Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
135<br />
an. Rückwärts führte aus <strong>der</strong> westlichen Fensternische eine be-<br />
queme gerade Treppe hinauf, in <strong>der</strong>en hohem Gelän<strong>der</strong> sich die<br />
Brüstung <strong>der</strong> Kanzel mit ihren überhöht quadratischen Fel<strong>der</strong>n<br />
fortsetzte. Letztere waren mit historischen Gemälden geschmückt,<br />
alle übrigen Theile <strong>der</strong> Brüstung aber mit ebenso reichen wie<br />
geschmackvoll gedachten, meist vergoldeten, Zierrathen in Blätter-<br />
werk von vortrefflicher Arbeit bedeckt. — Von den bisher<br />
geschil<strong>der</strong>ten Theilen <strong>der</strong> ehemaligen Kanzel hat sich <strong>der</strong> Haupt-<br />
theil <strong>der</strong>selben freilich in dem Kelche <strong>der</strong> neuen erhalten, doch ist<br />
die architektonische Wirlunq eine an<strong>der</strong>e geworden. Die heutige<br />
Kanzel hat, auch abgesehen davon, daß ihr <strong>der</strong> stattliche Auf-<br />
gang fehlt, nicht die Räumlichkeit <strong>der</strong> alten; sie ist näher an den<br />
Pfeiler gerückt und erscheint auch innerlich verengt.*) — Ueber<br />
dem Kelcke <strong>der</strong> Kanzel erhob sich ehemals ein Dach, das von<br />
zwei jünglingsartigen Engeln mit großen, rückwärts entfalteten<br />
Flügeln getragen wurde. Diese Engel standen auf den Seiten<br />
<strong>der</strong> Brüstung und zeichneten sich durch die Anmuth ihrer Bewe-<br />
gung aus; die nackten Theile waren weißlich bemalt, die Gewän-<br />
<strong>der</strong> vergoldet. Das Dach selbst bestand in einer goldfarbigen,<br />
reichbefranzten Decke, auf welche sich in graugefärbten Wolken<br />
kleinere Engel, darunter ein tubablasell<strong>der</strong> herabließen; hinter den<br />
kegelförmig aufgethürmten Wolken strahlte eine große goldene<br />
Sonne. — So weit solche Darstellungen des Himmels in Holz-<br />
werk ästhetisch zulässig sind, konnte man auch diesem Theile <strong>der</strong><br />
Kanzel ein volles Lob gewiß nicht vorenthalten. Die schwächste<br />
Seite des Bauwerks war ohne Zweifel die Art und Weise,<br />
wie es mit Wand und Pfeiler verbunden war; hier hatte man<br />
sich nicht an<strong>der</strong>s zu helfen gewußt, als mit einem großen blauen<br />
Teppick, <strong>der</strong> um den Pfeiler gemalt, dem Vorbau als colorifti-<br />
scher Hintergrund diente. Dem ungeachtet machte das Ganze<br />
einen sehr befriedigenden und harmonischen Eindruck, obwohl<br />
mchi alle seine Theile <strong>der</strong>selben Epoche angehörten. Hierüber<br />
noch ein weiteres Wort.<br />
*) Ein Urtheil über den Umbau <strong>der</strong> Kanzel soll hiermit um so<br />
weniger ausgesprochen werden, als dem Einsen<strong>der</strong> die Gründe, die dabei<br />
leitend waren, ganz unbekannt sind.