Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
98<br />
„Vorbereitet", sage ich, und doch wird es manchem Kundigen<br />
geschehen wie mir, <strong>der</strong> ich, mich allerdings auch vorbereitet<br />
glaubend, zu dieser Stätte ging, und <strong>der</strong> trotzdem von den<br />
Geistern <strong>der</strong> alten Zeit, die mit furchtbarer Wahrheit vor ihm<br />
aufstanden, fast überwältigt worden ist.<br />
Die für eine Dorfkirche so stattlichen Verhältnisse; die<br />
Höhe und Weite des Schiffes, die kühne Spannung <strong>der</strong> Bogen,<br />
Alles erfüllt von dem sanften Glänze des Lichtes, welches durch<br />
die fast gänzlich mit Glasgemälden (über die ich mir vorbehalte<br />
in einer beson<strong>der</strong>en Abhandlung genauere Untersuchungen mitzutheilen)<br />
geschlossenen hohen Fenster des Chores gemil<strong>der</strong>ten<br />
Scheines hereinfällt und hier o<strong>der</strong> da farbig und gebrochen über<br />
den Wanden, Wölbungen und kirchlichen Gerathen hingleitet,<br />
stimmen das Gemüth andächtig und ernst.<br />
Grade in <strong>der</strong> Mitte, da, wo Chor und Schiff aufeinan<strong>der</strong><br />
treffen, noch halb in dem einen und schon halb in dem an<strong>der</strong>n,<br />
erblicken wir das Ziel unserer Wallfahrt. Denn dort erhebt sich,<br />
rings umgeben von Gestühl, ein eigenthümlich truhenähnlicher<br />
Schrein, oben mittelst eines sargartig sich emporgipfelnden Daches<br />
geschlossen. Von den Kirchenbänken durch ein seltsam verbundenes<br />
Kreuzstabgelän<strong>der</strong> mit rosettenförmigem Eisenbeschlag geschieden,<br />
und an den Giebeln und Firsten des Deckels von Sägeneinschnitten<br />
und an<strong>der</strong>n, ziemlich geschmacklosen Ornamenten<br />
überragt, gewährt die Lade e'lnen so fremdartig son<strong>der</strong>baren Anblick,<br />
daß man ihren Zweck, wenn man ihn nicht im Voraus<br />
kennt, ohne sie zu öffnen vergeblich zu errathen trachten würde.<br />
Aus drei wenig geglie<strong>der</strong>ten Theilen, dem Untersatz, dem<br />
eigentlichen Körper und dem Dache baut sich das Ganze in 7V,<br />
Fuß Länge und 2 Fuß 3 Zoll Breite zu einer ziemlichen Höhe<br />
empor, die Arbeit ist durchaus ohne jede Feinheit, ja in den Profilen<br />
gradezu plump; aber praktisch angesehen, ganz tüchtig und<br />
zweckentsprechend zu nennen.<br />
Interessanter wie die Lade selbst ist das sie umgebende<br />
Gelän<strong>der</strong>; es zeigt sich unter an<strong>der</strong>n bemerkenswerthen Einzelheiten<br />
in den höchst eigenthümlichen Kerbelim'en an <strong>der</strong> Kreuzung<br />
<strong>der</strong> Stäbe, sowie an den Köpfen <strong>der</strong> starken Eisennägel, welche