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Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

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und obligatorischer Kohärenz (FR) erweist sich auch in der diachronen<br />

Betrachtung als zentral. Offensichtlich setzt die Entstehung von EMV im<br />

engeren Sinne, das Vorhandens<strong>ein</strong> der Opposition [+/- kohärent] voraus.<br />

Diese gewann ihren distinktiven Charakter aber erst um 1500, sodaß EMV<br />

erst mit diesem Zeitpunkt in höherer Frequenz auftreten. Die Untersuchung<br />

legte nahe, den quotativen Gebrauch wollen nicht den EMV zuzurechnen,<br />

sondern als eigene Form von Polyfunktionalität zu betrachten, da dieser<br />

schon im Ahd geläufig war und sich nicht nur auf wollen + INFINITIV<br />

beschränkte, sondern auch mit wollen + daß-Satz möglich war.<br />

Das ziemlich abrupte Ersch<strong>ein</strong>en der EMV lädt zu dem Schluß <strong>ein</strong>, daß das<br />

Entstehen von syntaktisch und semantisch abgrenzbaren epistemischen<br />

Formen durch Reanalyse motiviert ist. Zahlreiche Hindernisse gilt es aber<br />

hier zu überwinden, um <strong>ein</strong>en Ansatz zu entwickeln, der sich als<br />

aufrechterhaltbar und adäquat erweist.<br />

Während sich noch die Frage stellt, inwieweit in den Entstehungsprozeß<br />

der EMV Reanalyse involviert war, läßt sich mit an Sicherheit grenzender<br />

Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeit sagen, daß sich die MV entlang <strong>ein</strong>es GR-Kanals vom<br />

Vollverb zumindest bis zum epistemischen Verb entwickelt haben, wie<br />

Diewald (1999 ) und Lehmann (1995) vorgeschlagen haben. Diewald (1999:<br />

5&49ff.) zufolge ist diese Entwicklung entlang <strong>ein</strong>es GR-Kanals nicht so zu<br />

verstehen, daß während der Phase I das Verb ausschließlich als Vollverb<br />

gebraucht wird, während der Phase II nur als DMV und in Phase III nur noch<br />

als EMV, sondern vielmehr, daß zu <strong>ein</strong>em Zeitpunkt mehrere<br />

Entwicklungsstufen <strong>ein</strong>es Verbes in <strong>ein</strong>er Sprache präsent s<strong>ein</strong> können.<br />

Dementsprechend bezeichnet sie diese Verben als interkategorial.<br />

Die Vorkommen von mugen und müezen im Parzival passen genau in das<br />

Bild, das Lehmann (1995) und Diewald (1999) entwerfen: Sie weisen schon<br />

<strong>ein</strong> geringes Maß an Grammatikalisierung auf, sind aber durch die fehlende<br />

Opposition [+/- kohärent] gehindert, sich von den anderen Verben weiter<br />

wegzuentwickeln.<br />

Darüber hinaus sch<strong>ein</strong>t es mehr als <strong>ein</strong>en GR-Pfad zu geben, der zur<br />

epistemischen Klasse führt. Jedes Verb erwirbt die Epistemizität offensichtlich<br />

auf <strong>ein</strong>e andere Weise, was womöglich auf die individuelle Semantik<br />

zurückzuführen ist. Verben wie sch<strong>ein</strong>en, drohen und versprechen benötig-<br />

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