Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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(23) Jörg1 sch<strong>ein</strong>t [t1 wieder zu kommen].<br />
(24) a. (e1) Ihm2 (e1) sch<strong>ein</strong>t (e1) [t1 t2 schlecht zu s<strong>ein</strong>].<br />
b. Es1 sch<strong>ein</strong>t ihm [t1 schlecht zu s<strong>ein</strong>].<br />
Ein schwerwiegender Grund spricht dagegen, die Sätze (23) und (24)<br />
analog zu behandeln, wie es Axel (2001: 40) suggeriert. Denn ihm in (24a)<br />
kongruiert im Gegensatz zum tatsächlichen syntaktischen Subjekt in (23)<br />
nicht. Das heißt, es erfüllt im Matrixsatz auch <strong>ein</strong>e ganz andere Rolle.<br />
Vielmehr muß in (24a) <strong>ein</strong> phonologisch leeres Expletivum oder <strong>ein</strong> pro aus<br />
der <strong>ein</strong>gebetteten impersonalen Konstruktion angehoben worden s<strong>ein</strong>, mit<br />
dem das Matrixprädikat die Kongruenzbeziehung letztendlich <strong>ein</strong>geht. 20<br />
Vergleiche das artverwandte Beispiel (24b), das im Wienerischen durchaus<br />
üblich ist.<br />
Der zentraler Unterschied besteht für uns also darin, daß Kontrollverben<br />
das Matrixsubjekt thetamarkieren, während hingegen Anhebungsverben<br />
k<strong>ein</strong>e thematische Relation mit ihrem syntaktischen Subjekt <strong>ein</strong>gehen. 21<br />
Desweiteren haben wir gesehen, daß Kontrolle und Anhebung Eigenschaften<br />
sind, die im Lexikon<strong>ein</strong>trag des jeweiligen Verbs geregelt werden müssen.<br />
Nun zurück zu unseren MV. 22 Zählen sie zu den Kontrollverben oder zu den<br />
Anhebungsverben? Eine erste Einschränkungen können wir anhand der<br />
Bechschen Studie schon vornehmen: MV sind k<strong>ein</strong>e Objektskontrollverben,<br />
da sie den Koeffizienten (N´:N´´) haben. Das heißt, als mögliche<br />
Konstruktionstypen kommen nur noch Subjektskontrolle oder Anhebung in<br />
Frage. Welche der beiden Varianten vorzuziehen ist, bleibt in der Literatur<br />
wild umstritten.<br />
Zunächst werfen wir <strong>ein</strong>en Blick auf Ansätze, die für MV als<br />
Anhebungsverben plädieren. Axel (2001) hat <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>ige Diagnostika für<br />
Anhebungskonstruktionen zusammengestellt: Kontrolle ist ausgeschlossen,<br />
20<br />
Über das genaue Zustandekommen der Wortstellung in (24a) kann ich an dieser Stelle nur<br />
mutmaßen. Ich nehme aber an, daß ihm höchstwahrsch<strong>ein</strong>lich durch <strong>ein</strong>en<br />
Topikalisierungsprozeß an die erste Stelle gelangt. Was das Expletivum e betrifft, werde ich hier<br />
k<strong>ein</strong>e weiteren Überlegungen anstellen, an welcher der vorgeschlagenen Stellen dieses genau<br />
stehen muß.<br />
21<br />
Nichstdestotrotz berichtet Landau (2000: 30) von Tendenzen, Kontrolle zugunsten von<br />
Anhebung teilweise aufzugeben.<br />
22<br />
In diesem Abschnitt widmen wir uns vorerst nur den MV in deontischer Verwendung. Dem<br />
epistemischen Gebrauch ist das gesamte nächste Kapitel gewidmet<br />
20