Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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1.3 Semantische Aspekte.<br />
Eine wesentliche Eigenschaft der MV haben wir bisher unterschlagen: ihre<br />
Polyfunktionalität. Dieser Abschnitt beschäftigt sich damit, diese<br />
Eigenschaft auf s<strong>ein</strong>e Eignung hin als Definitionskriterium zu prüfen.<br />
Der Grund für die späte Behandlung dieses Kriteriums liegt darin, daß k<strong>ein</strong>e<br />
Klarheit darüber besteht, inwiefern Polyfunktionalität sich auch auf die Syntax<br />
der MV auswirkt. Im Gegensatz dazu herrscht Konsens darüber, daß die<br />
verschiedenen Funktionen oder Verwendungsweisen der MV zumindest auf<br />
semantischen Gegebenheiten beruhen. Aus diesem Grund beschränkten<br />
sich die bisherigen Betrachtungen auf die im Deutschen stärker verbreiteten<br />
und wohl unmarkierteren Vorkommen der MV, nämlich auf jene MV in<br />
deontischer Lesart (DMV). Bevor wir uns aber den näheren Eigenschaften<br />
der epistemischen Lesart (EMV) und damit dem polyfunktionalen Charakter<br />
der MV widmen, werfen wir noch <strong>ein</strong>en Blick auf semantische<br />
Gem<strong>ein</strong>samkeiten der behandelten Lexeme.<br />
1.3.1 Aktionsart der MV.<br />
Aktionsart wird im allgem<strong>ein</strong>en als lexikalisch-semantische, in der<br />
Verbbedeutung fix verankerte Kategorie behandelt, die sich in vier Aspekte<br />
aufgliedert (Bußmann 1990): (a) Dynamizität der verbalen Aktion (statisch vs.<br />
dynamisch), (b) ihre Verlaufsweise (durativ vs. nicht-durativ), (c) Frequenz &<br />
Wiederholung (semelfaktiv vs. iterativ/habituativ) und schließlich (d)<br />
Kausalität (durch Agens bewirkt oder nicht).<br />
(47) Hermine kann/muß/darf/soll/will/möchte ihre Tochter besuchen.<br />
Nun denotieren alle MV statische Zustände, das Matrixprädikat in (47)<br />
impliziert nämlich k<strong>ein</strong>erlei Zustandsänderung, woraus auch folgt, daß sie<br />
durativer Natur s<strong>ein</strong> müssen. Kriterium (c) spielt hier k<strong>ein</strong>e Rolle und kann<br />
vernachläßigt werden. Was (d) betrifft, so haben hier die MV <strong>ein</strong>e<br />
Besonderheit aufzuweisen. Mit der Ausnahme von wollen gehen sie wie<br />
schon erwähnt auf Präteritalformen zurück und markierten somit <strong>ein</strong>e<br />
vergangene Handlung. Diese Entwicklung wird durch den resultativen<br />
Charakter der gegenwärtigen MV reflektiert, sie denotieren nämlich das<br />
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