Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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hinsichtlich ihrer semantischen Beziehungen zum Matrixsubjekt, aber<br />
k<strong>ein</strong>eswegs so homogen, wie es sich Wurmbrand vorstellt. Vielmehr<br />
sch<strong>ein</strong>en diese Verschiedenheiten, die im unterschiedlichen Skopusverhalten<br />
von EMV und DMV zum Ausdruck kommen, weitere Anhaltspunkte für <strong>ein</strong>e<br />
syntaktische Unterscheidung s<strong>ein</strong>.<br />
2.1.3 Semantische Unterschiede.<br />
Leichter als die syntaktischen Verschiedenheiten, sind schon die<br />
semantischen zu erfassen. Zwei wesentliche Theorien hat die Forschung<br />
hervorgebracht:<br />
Die <strong>ein</strong>e, unter anderem vertreten von Reisenbichler (1994), grenzt die<br />
EMV von DMV dadurch ab, daß sie für jene <strong>ein</strong>e uniforme Bedeutung<br />
postuliert, während hingegen diese sich durch lexemspezifische Bedeutung<br />
charakterisieren. Diese <strong>ein</strong>heitliche Bedeutung bestünde darin, daß <strong>ein</strong> EMV<br />
immer <strong>ein</strong>e Vermutung des Sprechers zum Ausdruck bringt. Daß diese<br />
Auffassung falsch ist, zeigt nicht nur die eigentümliche Semantik von<br />
wollenEMV und sollenEMV: Beide denotieren die Wiedergabe von indirekter<br />
Rede entweder <strong>ein</strong>es beliebigen Erzählers oder <strong>ein</strong>es solchen der<br />
gleichzeitig das Subjekt des MV-Satzes darstellt.<br />
Als adäquater erweisen sich da Ansätze im Stile von Abraham (2003b) oder<br />
Diewald (1999), in denen EMV noch Reste der ursprünglichen DMV-<br />
Bedeutung widerspiegeln. Diese These wird darüber hinaus durch andere<br />
Konstruktionen empirisch gestützt, denen wir uns in Abschnitt 2.2 zuwenden<br />
werden.<br />
Doch auch derartige Ansätze müssen mit Vorsicht genossen werden, da sie<br />
nicht un<strong>ein</strong>geschränkt richtige Vorhersagen treffen. So enthält dürfteEMV<br />
k<strong>ein</strong>erlei Rückstände von <strong>ein</strong>er Erteilung <strong>ein</strong>er Erlaubnis, und mögenEMV<br />
verweist weder auf Zuneigung noch auf <strong>ein</strong>en Willen. Lösungsvorschläge für<br />
Abweichungen dieser Art bieten die Kapitel 3 und 4 an.<br />
Ein wesentlicher semantischer Unterschied zwischen EMV und DMV<br />
besteht darin, daß sich erstere immer auf die Zeit der Äußerung beziehen. 41<br />
Ein EMV drückt also <strong>ein</strong>e Vermutung des Sprechers oder <strong>ein</strong>en Verweis auf<br />
<strong>ein</strong>e andere Quelle zu genau jenem Zeitpunkt aus, zu der er selbiges<br />
40 Siehe Wurmbrand (2001: 185 ff.).<br />
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