Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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als Anhebungs- oder durchwegs als Kontrollverben zu klassifizieren. 28 Ihr<br />
Status bleibt unklar, es drängt sich die vage Vermutung auf, daß die<br />
subjektsindifferenten MV in beiden Konstruktionstypen auftreten. Ahnliche<br />
Schlüsse zieht Wurmbrand (2001) (siehe S.22) Kapauz.<br />
Des weiteren tauchen noch <strong>ein</strong>e Reihe weiterer syntaktischer<br />
Eigenschaften auf, die sich aber auf Kohärenz und Konstruktionstypus<br />
(=Beschaffenheit des Infinitivsubjekts) zurückführen lassen. Diese beiden<br />
Begriffe haben sich in diesem Abschnitt als die zentralen der MV-Syntax<br />
erwiesen. Wir haben mit Wurmbrand (2001) <strong>ein</strong>e Theorie kennengelernt, die<br />
ansatzweise im Stande ist, den erwünschten Zusammenhang zwischen den<br />
beiden unter den Schlüsselbegriffen Kohärenz und Konstruktionstypus<br />
verstandenen Phänomenen herzustellen. Ihre Auffassung, restructuring-<br />
Infinitive hätten überhaupt k<strong>ein</strong>e Subjekte, stößt aber auf altbekannte<br />
Schwierigkeiten. Auf diese Weise könnten die <strong>ein</strong>gebetteten Infinitive ihre<br />
Subjektsthetarolle nicht mehr vergeben.<br />
Unser Versuch, die MV all<strong>ein</strong> über ihre Syntax zu definieren, muß letztlich<br />
aber scheitern. Es lassen sich <strong>ein</strong>e Reihe von Verben finden, die kohärent,<br />
im ersten Status und mit dem Koeffizienten (N´:N´´) konstruieren: werden,<br />
tun, bleiben, s<strong>ein</strong>, lernen, kommen, gehen und andere Bewegungsverben.<br />
Da somit auch syntaktische Aspekte all<strong>ein</strong>e nicht ausreichen, um das<br />
Wesen der MV zu erfassen, wenden wir uns im Abschnitt 1.3 den<br />
semantischen Eigenschaften der hier im Mittelpunkt stehenden Verben zu.<br />
28 Ein ähnliches Problem taucht bei den Phasenverben beginnen, anfangen, aufhören, u.a. auf.<br />
Auch hier kann sowohl <strong>ein</strong> Expletivum (1) als auch <strong>ein</strong> Agens (2) an der Position des<br />
Matrixsubjekts stehen, was auf die Zulässigkeit beider Konstruktionstypen hindeutet. Schließlich<br />
kann kaum bestritten werden, daß Alexander in (2) vom Matrixverb aufhören <strong>ein</strong>e thematische<br />
Rolle (Agens) zugewiesen bekommt. Das beweist auch der Imperativ in (3), der ja bei<br />
Anhebungsverben nicht möglich ist.<br />
(1) Es hört auf zu regnen.<br />
(2) Alexander hört auf zu rauchen.<br />
(3) Alexander, hör auf zu rauchen.<br />
Um diese Schwierigkeit zu meistern, muß entweder die Kontrolltheorie dahingehend<br />
umgekrempelt werden, daß auch Expletiva kontrollieren können (Vorschlag von Diewald 1999:<br />
61) oder in Anlehnung an Diewald (1999: 61ff) die gesamte Thetatheorie neuausgedüftelt<br />
werden, damit Subjekte von Anhebungsinfinitiven im Laufe ihres Anhebungsprozeßes mehrere<br />
Thetarollen aufsammeln können. Solche Veränderungen wären aber mit <strong>ein</strong>er<br />
unüberschaubaren Fülle an Implikationen verbunden. Eine andere Variante bestünde lediglich<br />
darin, zuzulassen, daß manche Verben sowohl als Kontroll als auch als Anhebungsverben<br />
auftreten können.<br />
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