Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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(16) a. Der Koffer [muß/braucht nicht] verschwunden s<strong>ein</strong>. (Er kann<br />
noch hier s<strong>ein</strong>.)<br />
b. Der Koffer kann [nicht verschwunden s<strong>ein</strong>].<br />
c. Der Koffer [muß/*braucht] nicht verschwunden s<strong>ein</strong>.<br />
(17) a. Der Koffer [kann nicht] verschwunden s<strong>ein</strong>. (Er muß noch hier<br />
s<strong>ein</strong>.)<br />
b. Der Koffer muß [nicht verschwunden s<strong>ein</strong>].<br />
In (16) und (17) liegen ausschließlich EMV vor. Dennoch verhalten sie sich<br />
hinsichtlich ihres Negationsverhalten exakt wie DMV. Anstelle den engen<br />
Skopus der Negation zu wählen, nehmen sie jenen Negationsskopus, den ihr<br />
deontisches Äquivalent bevorzugt. müssen und können konstruieren als<br />
DMV vor allem mit weitem Negationsskopus, (nicht) brauchen ist sogar nur<br />
mit diesem möglich (16a/c). Auch zu <strong>ein</strong>ander stehen diese negierten<br />
epistemischen Varianten von können, müssen und (nicht) brauchen im<br />
selben Verhältnis wie ihre deontischen Geschwister. [nicht können] läßt sich<br />
ersetzen durch [[nicht] müssen] und [nicht müssen] und [nicht brauchen]<br />
durch [[nicht] können], siehe (16a/b) und 17(a/b). Im Unterschied zu (15)<br />
bleibt die Epistemizität unnegiert.<br />
Öhlschläger (1989:208) gesteht <strong>ein</strong>, daß dieses Phänomen auch für die<br />
subjektive Epistemizität gilt. Um das Verbot der weiten Negation für EMV<br />
weiterhin aufrecht zu erhalten, ist er gezwungen, davon auszugehen, daß in<br />
den oben illustrierten Fällen Negationspartikel und Verb zusammen <strong>ein</strong><br />
eigenständiges Lexem ergeben. Das ist auch plausibel, da in diesen Sätzen<br />
die Epistemizität Skopus über die Negation hat und nicht umgekehrt.<br />
Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, diesen Konflikt zu lösen:<br />
entweder man dehnt Abrahams (2003b) These, EMV spiegeln Reste der<br />
DMV-Bedeutung wieder, dahingehend aus, daß sich auch das Verhalten der<br />
Negation der EMV von ihren DMV Äquivalenten herleitet. In diesem Lichte<br />
erschiene dann <strong>ein</strong>e These im Sinne Öhlschlägers, EMV verbieten weite<br />
Negation, nicht mehr haltbar. Oder man geht davon aus, daß EMV in ihren<br />
unmarkierten Vorkommen tatsächlich nur den engen Skopus dulden, wie es<br />
scheue ich mich nicht, nicht müssen und nicht brauchen hinzuziehen, während ich dürfte<br />
weglasse, da es mir in diesem Gebrauch völlig fremd ist.<br />
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