Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Dennoch sollten wir bedenken, was <strong>ein</strong> Aberkennen <strong>ein</strong>er epistemischen<br />
Lesart von wollen im weiteren Sinne für Implikationen hat. Ohne dieser<br />
zweiten Lesart kann es nicht mehr als polyfunktional erachtet werden, sprich<br />
wir könnten es nicht mehr zu den MV zählen. Je nachdem wie eng man die<br />
epistemische Lesart definiert, könnte dieser Funke auch auf sollen<br />
überspringen und auch dieses Lexem aus dem Kreise der MV verbannen.<br />
Wir bleiben aber lieber vorerst bei der in Kapitel 1 vorgeschlagenen Gruppe<br />
an Lexemen und halten uns an die These, die Abraham (2003b) und Diewald<br />
(1999) vorgeschlagen haben, daß nämlich EMV die Kernbedeutung s<strong>ein</strong>es<br />
äquivalenten DMV widerspiegelt. Wenn man diese These auf syntaktische<br />
Aspekte ausweitet, so können wir auch <strong>ein</strong>e Reihe von anderen Problemen<br />
erklären: das augensch<strong>ein</strong>liche Kontrollverhalten von wollenEMV oder das<br />
merkwürdige Negationsverhalten von könnenEMV und müssenEMV.<br />
Zusammenfassung.<br />
In diesem Abschnitt haben wir uns mit der Abgrenzung der DMV von den<br />
EMV beschäftigt und sind zu folgendem Ergebnis gekommen. Zwischen<br />
EMV und DMV bestehen gewisse Unterschiede, die sich aber in den meisten<br />
Fällen nicht durch absolute Verallgem<strong>ein</strong>erungen erfassen lassen, sondern<br />
vielmehr in verschieden starken Präferenzen zum Ausdruck kommen.<br />
Das läßt sich darauf zurückführen, daß zum Beispiel gewisse Formen der<br />
EMV nicht <strong>ein</strong>fach im morphologischen Paradigma fehlen, sondern aus<br />
pragmatischen und semantischen Gründen sehr selten oder so gut wie nie<br />
zum Einsatz kommen. Das trifft zum Beispiel auf den Infinitiv der EMV zu,<br />
wie Reis (2001) gezeigt hat. Ähnliches gilt für die Unterschiede in der<br />
Distribution; auch diese sind nicht zwangsläufig syntaktisch festgelegt,<br />
sondern oft darauf zurückzuführen, daß bestimmte Kombinationen aus<br />
semantischen Gründen sehr selten verwendet werden.<br />
Dennoch lassen sich die EMV klar von den DMV abgrenzen. Im<br />
Unterschied zu diesen bevorzugen EMV imperfektive Komplemente, und ihre<br />
Vorkommen beschränken sich vor allem auf assertive Kontexte. Eine weitere<br />
Einsicht von Abschnitt 2.2 besteht darin, daß sich EMV bei weitem nicht als<br />
homogene Klasse verhalten, sondern viele Lexeme ihre Eigenheiten haben.<br />
Das läßt sich aber darauf zurückführen, daß sie offenbar ihre zentralen<br />
67