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Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

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(5) Ist zwîvel herzen nâchgebûr ,<br />

daz muoz der sêle werden sûr ,<br />

(Parz. 1,1-2)<br />

(6) solde ich nû drum ersterben ,<br />

sô muoz ich leisten sicherheit<br />

die sîn hant an mir erstreit .<br />

(Parz. 424,24-26)<br />

(7) jâ mac mit êren nû mîn lîp<br />

ergetzen diz werde wîp ,<br />

(Parz. 279,29-30)<br />

In (6) und (7) liegen mit sicherheit beziehungsweise diz werde wîp jeweils<br />

NP-Komplemente in Extraposition vor, in (5) wurde <strong>ein</strong> prädikatives Adjektiv<br />

extraponiert. Auch wenn diese Konstruktionen je nach syntaktischen Status<br />

des extraponierten Elements k<strong>ein</strong>eswegs <strong>ein</strong>heitlich zu behandeln sind,<br />

teilen sie die Eigenschaft, daß sie im Nhd nicht zulässig sind. 57 Diese<br />

Wortstellungen erweisen sich jedoch im Parzival als sehr frequent. So<br />

weisen 70 von den 162 Vorkommen von mugen in V1/V2 die im Nhd<br />

unerlaubte Extraposition auf, während die restlichen 92 Auftreten in diesem<br />

Aspekt dem nhd. Gebrauch entsprechen. müezen hingegen taucht 129 mal<br />

in V1/2 auf, davon nur 38 mal mit Extraposition und immerhin 91 mal ohne. 58<br />

Nun stellt sich die Frage, wie mit der vom nhd Sprachgebrauch<br />

abweichenden MV-Konstruktion umgegangen werden soll. Ist die<br />

Extraposition von Elementen aus dem Verbalfeld des Infinitivs <strong>ein</strong> Zeichen<br />

für Inkohärenz in V1 und V2-Sätzen? Wohl kaum. Denn in den in Frage<br />

kommenden Beispielen ist meist nur <strong>ein</strong> Element aus dem Verbalfeld des<br />

Infinitivs nachgestellt, so daß die Elemente dieses Verbalfeldes den<br />

regierenden Infinitiv umgeben, wie in (6) oder (7). Darüber hinaus existieren<br />

k<strong>ein</strong>e gewichtigen Gründe, die dafür sprechen, das Vorhandens<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>er<br />

nominalen Extraposition mit Inkohärenz gleichzusetzen beziehungsweise<br />

57<br />

Abgesehen davon müssen nicht alle dieser Fälle im Parzival, wo <strong>ein</strong> MV mit extraponiertem<br />

Komplement oder Adjunkt auftritt, für das Mhd grammatisch s<strong>ein</strong>. Es bestünde ja noch immer<br />

die Möglichkeit, daß <strong>ein</strong>ige dieser Beispiele tatsächlich reim- und versmaßbedingte grammatikalische<br />

Verstöße darstellen.<br />

58<br />

Siehe Appendix für Auflistung sämtlicher Belege.<br />

94

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