Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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2. Epistemizität.<br />
Kapitel 1 bescherte uns die Erkenntnis, daß sich die MV dadurch<br />
charakterisieren und gleichzeitig von allen anderen Verben abheben, daß sie<br />
sowohl in <strong>ein</strong>er deontischen als auch in <strong>ein</strong>er epistemischen Verwendung<br />
auftreten. Diese Eigenschaft haben wir im Einklang mit der Literatur als<br />
Polyfunktionalität bezeichnet.<br />
Während Kapitel 1 fast ausschließlich den deontischen Gebrauch zum<br />
Gegenstand hatte, steht in Abschnitt 2.1 die noch ausstehende<br />
Charakterisierung des epistemischen Gebrauchs im Zentrum der<br />
Beobachtung. Dazu vergleichen wir in Abschnitt 2.2 & 2.3 die MV noch mit<br />
<strong>ein</strong>er Reihe von Verben, die oft in ihre Nähe gerückt werden. Schlußendlich<br />
verf<strong>ein</strong>ern wir die im Kapitel 1 vorgeschlagene Definition des<br />
Wesensmerkmals der MV.<br />
2.1 Abgrenzung DMV/EMV<br />
Bisher hat sich die vorliegende Untersuchung bestenfalls marginal mit dem<br />
Wesen der EMV aus<strong>ein</strong>andergesetzt. Der <strong>ein</strong>zige Anhaltspunkt zur<br />
Unterscheidung von DMV und EMV, den wir bislang kennengelernt haben<br />
(vgl. Abschnitt 1.3.3), besteht darin, daß <strong>ein</strong> MV in Kombination mit dem<br />
Infinitiv Perfekt in den meisten Fällen als epistemisch interpretiert wird: das<br />
ergab <strong>ein</strong>erseits H<strong>ein</strong>es (1995: 24) Korpusstudie, aber auch Diewalds (1999:<br />
380ff.) diachrone Studie. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt unabhängig<br />
davon auch noch Krause (1997: 94f.) Dennoch bedeutet dieses auffällige<br />
Verhalten noch lange nicht, daß der Infinitiv Perfekt all<strong>ein</strong> mit epistemischen<br />
Kontexten verträglich ist.<br />
(1) Einmal soll man dort gewesen s<strong>ein</strong>.<br />
Beispiel (1) b<strong>ein</strong>haltet nun k<strong>ein</strong>e Annahme beziehungsweise k<strong>ein</strong>en<br />
Verweis auf <strong>ein</strong>e andere Quelle, sondern denotiert vielmehr <strong>ein</strong>e<br />
(abgeschwächte) Direktive. Umgekehrt muß <strong>ein</strong> EMV nicht immer unbedingt<br />
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