Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin
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wollen und möchte mit daß-Satz weisen offensichtlich <strong>ein</strong> weitaus höheres<br />
Maß an Akzeptabilität auf als mögen mit sententialem Komplement in s<strong>ein</strong>en<br />
übrigen Flexionsformen. So wird mag + daß-Satz nur in wenigen deutschen<br />
Dialekten verwendet, so etwa im Wienerischen. In negierten Kontexten ist<br />
diese Konstruktion aber in vielen Teilen des deutschen Sprachraums<br />
gebräuchlich. Nichtsdestotrotz sch<strong>ein</strong>t sich möchte von s<strong>ein</strong>em Paradigma<br />
mehr und mehr loszulösen; es eignete sich schon <strong>ein</strong>e Reihe von<br />
Eigenschaften an, durch die es sich klar von s<strong>ein</strong>em Stammlexem<br />
unterscheidet. möchte verhält sich im Gegensatz zu mag immer ganz klar<br />
volitiv und ähnelt in s<strong>ein</strong>em Gebrauch frappant dem volitiven MV wollen.<br />
Offensichtlich aus diesem Grunde nimmt möchte auch k<strong>ein</strong>e nominalen<br />
Objekte mehr:<br />
(9) *Thomas möchte Margot.<br />
Beispiel (9) zeigt, daß möchte nicht nur die Fähigkeit, nominale Objekte zu<br />
subkategorisieren, verloren hat, sondern auch, daß im Gegenzug mögen<br />
diese Form aus s<strong>ein</strong>em Paradigma ausgeschlossen hat und um den<br />
Konjunktiv II auszudrücken ausschließlich auf die analytische Konstruktion<br />
mit würde zurückgreift. Eine konjunktivische Interpretation ist nämlich ebenso<br />
ausgeschlossen, wie <strong>ein</strong>e als volitives MV.<br />
(10) Thomas würde Margot mögen.<br />
Aufgrund dieser Besonderheiten wird möchte vielfach als eigenständige<br />
Form oder gar Lexem behandelt, wie unter anderem in Öhlschläger (1989:<br />
7), Kiss (1995: 162f.), Fritz (1997: 103), Wurmbrand (2001: 183ff.), Diewald<br />
(1999: 144f.), Axel (2001: 40), und mit Einschränkung auch Reis (2001).<br />
Auch wir betrachten ab sofort möchte als eigenständiges Mitglied der MV-<br />
Klasse, zumindest vorläufig. Diese Veränderung des Klassenumfangs hat<br />
auch schon ihre erste Konsequenz, nämlich, daß die MV fortan noch<br />
schlechter durch morphologische Kriterien zusammengefaßt werden können.<br />
Doch das stört uns nicht, da wir oben ohnehin schon die mangelnde<br />
Adäquatheit <strong>ein</strong>er solchen Vorgehensweise aufgezeigt haben.<br />
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