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Modalverben - ein Klassenkampf - German Grammar Group FU Berlin

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Diese Autoren unterscheiden in ihren Ansätzen 2 Arten von Epistemizität,<br />

von denen die sogenannte objektive Epistemizität <strong>ein</strong>mal iteriert werden<br />

kann, während hingegen die subjektive Epistemizität sich unter k<strong>ein</strong>en<br />

Umständen als Infinitiv <strong>ein</strong>betten läßt. Eine derartige Unterscheidung ist<br />

m<strong>ein</strong>er M<strong>ein</strong>ung nach irreführend, worauf ich im Anschluß noch <strong>ein</strong>gehe.<br />

Ich würde diese Kookurrenz aber anders beurteilen. Ich bezweifle, daß<br />

durch zwei mit <strong>ein</strong>ander kombinierte EMV doppelte Epistemizität ausgedrückt<br />

wird. Vielmehr sehe ich darin <strong>ein</strong>en redundanten Gebrauch von EMV, sodaß<br />

tatsächlich nur <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige Epistemizität zum Ausdruck kommt. Anderenfalls<br />

müßte nachstehendes Beispiel auf kaum nachvollziehbare Art und Weise<br />

interpretiert werden:<br />

(8) sie werdenEMV ihn in Leipzig oft genug müssenEMV gesehen<br />

haben, den bösen buben (Lenz ges. schr. (1828: 1, 70) = DWB<br />

Bd. 12, S. 256)<br />

Wie wir gesehen haben, stellt sich die Behauptung, EMV hätten <strong>ein</strong> stark<br />

verarmtes Paradigma, als fragwürdig heraus. Reis (2001: 291ff.) geht in ihren<br />

Ausführungen soweit, daß sie den EMV <strong>ein</strong> komplettes Paradigma<br />

zugesteht, das aber aus semantischen Gründen nur selten voll genutzt wird.<br />

Demgemäß lassen sich die EMV nicht in allen oben diskutierten Belangen<br />

als absolut defektiv beschreiben. Wenn diesen heute auch <strong>ein</strong>ige Tempora<br />

fehlen, verfügen <strong>ein</strong>ige Formen noch über <strong>ein</strong>en Infinitiv. Es handelt sich<br />

hierbei also nicht immer um absolute Lücken, sondern oft nur um Tendenzen<br />

zum Abbau <strong>ein</strong>er speziellen Form.<br />

Im Gegensatz zu den klassischen MV + (nicht) brauchen hat werden +<br />

INFINITIV selbst nicht nur s<strong>ein</strong>e Präteritalform – wie Vater (1975: 127ff.)<br />

berichtet –, sondern auch s<strong>ein</strong>en Infinitiv vollständig verloren. Das läßt<br />

zweierlei Schlüsse zu: <strong>ein</strong>erseits, daß es <strong>ein</strong> hoch grammatikalisierter<br />

Tempusmarker geworden ist, andererseits, daß es sich zu <strong>ein</strong>em hoch<br />

grammatikalisierten, r<strong>ein</strong>en EMV verwandelt hat.<br />

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